Interview: Kurt Dauben, Gründer des "Kleinen Muck" Haus am Jakobsweg für schwierige Jugendliche

Bonn · Damals gab es die DDR noch, "Yuppi" war die neue Bezeichnung für beruflich erfolgreiche junge Leute, deren Lebensinhalt der Konsum war, und es begann der rasante Anstieg der Singlehaushalte. Es war das Jahr 1985, als acht junge Menschen eine Idee hatten. Heute arbeiten 130 Beschäftigte im Verein Kleiner Muck.

 Kurt Dauben leitet den Kleinen Muck.

Kurt Dauben leitet den Kleinen Muck.

Foto: Barbara Frommann

Wie begann die Geschichte vor 30 Jahren?

Kurt Dauben: Wir waren junge Menschen, die sich sehr aktiv ehrenamtlich in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert haben. Wir hatten die Idee, unser Wissen in einen eigenen Verein einzubringen und ganz neue Ideen in der Kinder- und Jugendarbeit zu entwickeln.

Was waren die Ideen?

Dauben: Wir haben zuerst eine Krabbelgruppe mit den eigenen Kindern eingerichtet. Dafür habe ich dann eine größere Wohnung gemietet, damit wir ein großes Wohnzimmer hatten. Seitdem hat sich viel verändert und der Verein hat viele weitere Arbeitsfelder und Aufgaben übernommen.

Wie kam es zum Namen Kleiner Muck?

Dauben: Er geht zurück auf den kleinen Muck, einer Gestalt aus dem gleichnamigen Märchen von Wilhelm Hauff. Trotz seiner zwergenhaften Gestalt und dem großen Kopf setzt er sich mit Witz und Intelligenz gegen alle Benachteiligungen und Hänseleien durch. Das hat uns gefallen. Und wir haben uns viele Gedanken darüber gemacht. So steht die Figur für unsere Grundprinzipien Partizipation, Freiwilligkeit, Selbstwirksamkeit und Inklusion - mit dem Leitgedanken, die Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern zu fördern. Übrigens, als der Postbote das erste Mal zu uns kam, hat er sich über den Namen gewundert und gesagt: "Ich dachte, das ist schon wieder ein neuer Karnevalsverein."

Wie sah die Jugendarbeit vor 30 Jahren aus?

Dauben: Es gab damals zum Bespiel viel mehr Ferienangebote und Nachfrage. Rund 5000 bis 7000 Kinder und Jugendliche aus dem Bonner Raum fuhren jährlich zu Ferienfreizeiten. Allein etwa 1500 wurden vom Caritasverband in Sonderzügen zu Zielen in ganz Deutschland gefahren. Das hat sich inzwischen gewandelt. Die Familien haben andere Interessen für die Ferien. Der gesellschaftliche Wandel hat auch die Erwartungen und Anforderungen an uns als Jugendhilfeträger geändert. Das erfordert nicht nur professionelles, sondern effizientes und oft auch politisches Handeln.

In welchen Bereichen sind Sie tätig?

Dauben: Wir engagieren uns in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, seit mehr als zehn Jahren in der Offenen Ganztagsschule, mit Bildungsangeboten des Projektes Junge Familien und mit unterschiedlichen Einrichtungen unserer Hilfen zur Erziehung. Aus dem ehrenamtlichen Engagement sind zum größten Teil hauptamtliche Strukturen geworden.

Welche Projekte gibt es zum Beispiel in der Offenen Arbeit?

Dauben: Da ist etwa das Kinder- und Jugendzentrum HiP in Neu-Vilich. Es wurde 2004 eröffnet und ist feste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 21 Jahren. Die Leiterin Katrin Birkhölzer hat dort immer wieder neue Projekte angestoßen, wie offenes Fußballtraining oder Coachings für junge Bands. Auch das Green Juice Festival ist unter anderem von jugendlichen Besuchern des HiP initiiert worden.

Gibt es aktuell neue Projekte?

Dauben: Ja, wir haben nach etwa zehn Jahren Vorarbeit, zusammen mit anderen deutschen Trägern, ein Haus der Begegnung mitten auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela eingerichtet. Dort sollen benachteiligte Jugendliche die Möglichkeit bekommen, in krisenhaften Zeiten Ruhe zu finden und eine erfolgreiche Rückkehr in den Alltag zu schaffen. Außerdem bieten wir ab Sommer soziale Gruppenarbeit im Brückenforum an. Das ist so einmalig in Bonn. Bisher gab es das nur an Schulen. Dort wird ein Training für Kinder angeboten als frühzeitige Hilfestellung bei sozialen oder emotionalen Schwierigkeiten. Gleichzeitig wollen wir auch mit den Eltern ins Gespräch kommen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort