Nächtlicher SEK-Einsatz in Bonn Großeinsatz der Polizei nach angeblicher Geiselnahme in Beuel

Beuel · In der Nacht wurde die Polizei zu einem Einsatz in der Broichstraße gerufen. Ein 47-jähriger bewaffneter Mann hatte sich angeblich mit einer jungen Frau in einem Wohnwagen verschanzt. Das angebliche Opfer widerspricht.

Nächtlicher SEK-Einsatz in Bonn: Großeinsatz der Polizei nach angeblicher Geiselnahme in Beuel
Foto: Jens Kleinert

Völlig im Dunkeln liegen die Hintergründe für den Notruf einer Familie, der am frühen Donnerstagmorgen in Beuel einen stundenlangen Polizeieinsatz mit SEK-Zugriff auslöste. Angehörige einer 19-Jährigen hatten gegen zwei Uhr die Polizei wegen einer angeblichen Geiselnahme alarmiert und behauptet, die junge Frau werde gegen ihren Willen von einem 47-jährigen Mann in einem Wohnwagen auf dem Gelände einer Autowerkstatt in Beuel festgehalten. Doch nach ihrer Befreiung erklärte die 19-Jährige, sie habe sich freiwillig dort aufgehalten.

Vier Stunden dauerte es, bis das Spezialeinsatzkommando gegen sechs Uhr die Lage klären konnte, denn bis dahin hatten weder die 19-Jährige noch der Mann mit den Polizisten Kontakt aufgenommen. Dabei hatten Verhandler den 47-Jährigen immer wieder aufgefordert, den Wohnwagen zu verlassen. Als er endlich die Tür des Campers öffnete, ließ er sich nach Angaben von Polizeipressesprecher Robert Scholten jedoch widerstandslos festnehmen. Dennoch erlitt der Inhaber des Werkstattgeländes leichte Verletzungen, als ihn die Spezialkräfte fixierten. Ein Polizeiwagen brachte ihn, den Kopf unter einem Handtuch verborgen, zur Vernehmung ins Polizeipräsidium. Sein angebliches Opfer stand derweil neben den Polizisten und wirkte trotz der ganzen Aufregung recht entspannt machte nicht den Eindruck, als ob sie den Ort des Geschehens schleunigst verlassen wollte.

Bald stellte sich auch heraus, warum. „Die 19-Jährige sagte in den Vernehmungen, dass der 47-Jährige sie nicht festgehalten hat“, erklärte Scholtens Amtskollege Frank Piontek. Vielmehr sei sie freiwillig zu dem Bekannten gegangen, und der habe ihr erlaubt, vorübergehend in dem Wohnwagen auf seinem Grundstück zu wohnen. „Sie wollte nicht nach Hause“, sagte der Pressesprecher. Ob die Familie die Polizei rief, weil sie mit der Entscheidung der 19-Jährigen nicht einverstanden war oder ob sie tatsächlich davon ausging, dass die junge Frau gegen ihren Willen festgehalten wurde, ist ungeklärt. Und unbeantwortet ist auch die Frage, warum die 19-Jährige und der 47-Jährige nicht reagierten, als laut Scholten zunächst Streifenpolizisten vor Ort das Gespräch mit ihnen suchten.

Drohte der Mann mit einem Gewehr?

Zuvor hatte die Familie der 19-Jährigen selbst versucht, die junge Frau zum Mitkommen zu überreden – war dabei aber auf vehementen Widerstand des 47-Jährigen gestoßen: „Die Angehörigen schilderten, dass der Mann ein Gewehr in der Hand hielt, als er die Tür des Wohnwagens öffnete“, sagte Scholten. Zwar sei die Waffe, die sich als Luftdruckgewehr herausgestellt habe, nicht auf die Angehörigen gerichtet gewesen. Doch die angebliche Drohung des Werkstattbesitzers, „es würde etwas passieren“, wenn die Familie nicht verschwände, beunruhigte nicht nur die Angehörigen. „Wegen der Gesamtumstände“, so Scholten am Einsatzort, „haben wir uns dazu entschlossen, das Spezialeinsatzkommando hinzuzuziehen.“

Am Vormittag dann die überraschende Wende. Und Polizei und Staatsanwaltschaft sehen nun wegen der Aussagen der 19-Jährigen keinen Anlass mehr für Ermittlungen wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung. Geprüft wird laut Scholten allerdings, ob die mit dem Vorhalten des Gewehrs unterstrichene Aussage des 47-Jährigen eine Drohung darstellt.

Die 19-Jährige erhielt von der Polizei das Angebot, Beratung durch den Opferschutz in Anspruch zu nahmen. „Inwiefern sie das annimmt, ist ihr überlassen“, sagte Scholten. Gleich nach ihrer Vernehmung soll sie in den Wohnwagen des 47-Jährigen zurückgekehrt sein.

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