Zahmes Wildtier in Beuel Fuchs Jerry droht der Abschuss

Beuel · Ein zahmes Wildtier verunsichert in Geislar Anwohner und ruft Jäger auf den Plan. Fuchs Jerry ist in Lebensgefahr.

Das Fotoshooting mit Jerry ist eine echte Herausforderung. Sobald er die Kamera sieht, drückt der junge Rüde neugierig seine Schnauze ans Objektiv und schmeißt sich vor Freude winselnd direkt vor die Füße des Besuchers.

Offensichtlich will er gestreichelt werden. Sein Fell ist unglaublich weich. Überhaupt ist Jerry, der die Statur ein großen Katze hat, ein ausgesprochen hübscher Kerl. Und ungewöhnlich. Jerry ist ein Fuchs.

Seit zweieinhalb Jahren lebt er bei Franz-Josef Becker in Geislar. Der Falkner und Jäger hat den damals verletzten Welpen aufgenommen und mit der Flasche großgezogen. Nicht das erste Mal, dass der 73-Jährige Füchse aufpäppelt.

Auch verletzte Greifvögel pflegt er. „Doch Jerry ist der erste Fuchs, der blieb“, sagt Becker. Der ist nicht nur handzahm, anhänglich und verspielt, sondern hört auch auf Becker. Er folgt ihm durch den Garten bis ins Wohnzimmer.

Bis vor wenigen Wochen blieb das Tier freiwillig auf dem rund 1000 Quadratmeter großen Areal und spielte mit Beckers Hund Alf oder seinem Kater. Becker füttert ihn mit Hundefutter, Obst und Gemüse, niemals mit lebendigen Tieren. „Doch dann fing er an, in der Nachbarschaft spazieren zu gehen. Er blieb ein paar Stunden weg und kam dann wieder.“

Doch das tat er nicht nachts, sondern am helllichten Tag. Und: Er suchte die Nähe der Menschen, die er als gezähmter Fuchs nicht als seine Feinde betrachtet. Jerry lief in Gärten herum, einmal sogar bis in ein Haus. Becker zog ihm ein Halsband mit Glocke um, damit sein Fuchs erkennbar ist. „Jerry ist absolut harmlos, gegen alles Mögliche geimpft und würde auch nichts jagen“, sagt der Geislarer.

Besorgte Anwohner informierten jedoch die Stadt als Untere Jagdbehörde und die wiederum den ortsansässigen Jäger. „Plötzlich standen drei Jäger mit Hunden und Gewehr vor meiner Tür und fragten nach meinem Fuchs“, sagt Becker. Selbst Jäger, ließ er sie nicht aufs sein Gelände und seit diesem Tag Jerry auch nicht mehr raus.

„Ich habe Angst, dass sie Jerry abschießen.“ Seine Angst ist durchaus begründet, bestätigt Reinhard Wolf, Vorsitzender der Jägerschaft Bonn. „Am 16. September beginnt die Jagdsaison, dann dürfen Füchse grundsätzlich gejagt werden. Ich kann Herrn Becker nur raten, sein Tier im Garten zu lassen. Denn er ist nicht von anderen Füchsen zur unterscheiden.“

Rechtlich ist die Haltung eines Fuchses nicht verboten, heißt es aus dem Presseamt der Stadt. Aber grundsätzlich seien Wildtiere geschützt und dürften nur zur Pflege festgehalten werden. Treffe der zuständige Pächter Jerry in der Jagdsaison an, dürfe er den Fuchs erschießen, weil er grundsätzlich eine von dem Tier ausgehende Gefahr nicht ausschließen könne.

Doch das ist bei Jerry wegen des Impfschutzes nicht der Fall. Ihn auf Dauer nicht mehr aus seinem derzeit zwölf Quadratmeter großen Gehege zu lassen, ist für Becker keine Alternative: „Leider kann ich das Grundstück nicht ausbruchsicher machen.“ Nun überlegt er, seinen Fuchs farblich zu markieren.

Dass Jerry unbedingt wieder raus will, ist leicht zu erkennen. Kaum nähert sich Becker seinem Gehege winselt er. Seit Kurzem ist er nicht mehr allein in seinem Gehege, die Füchsin Molly, ein Jungtier, das Becker in diesem Jahr großgezogen hat, leistet ihm Gesellschaft. Die beiden vertragen sich.

Molly ist jedoch sehr scheu und zeigt sich nicht. Nachwuchs von den beiden hält Becker nicht für ausgeschlossen. Ein Problem aus Tierschutzgründen sieht er bei der Haltung grundsätzlich nicht: „Ich hole ja nicht die Tiere, sondern sie werden mir todkrank und verletzt gebracht. Wenn sie dann auf die Menschen geprägt sind, kann man sie leider nicht mehr rauslassen.“ Gäbe es tatsächlich Nachwuchs, wäre dafür gesorgt, dass der in richtige Hände käme, versichert Becker.

Den Segen vom Naturschutzbund Bonn bekommt Becker für Jerry jedoch nicht. „Wir halten die Haltung des Tieres für vollkommen falsch. Ein Fuchs ist ein Wildtier und muss auch als solches gehalten werden“, sagt Nabu-Chef Alexander Heyd.

„Auch bei der Aufzucht muss man dafür sorgen, dass es ein Wildtier bleibt. Wenn Wildtiere fehlgeprägt sind, führt das automatisch zu Konflikten. Ist ein von Hand aufgezogener Igel zahm, ist das eine ganz andere Hausnummer. Ein Fuchs ist nun mal kein Kuscheltier.“ Es gar auf Nachwuchs ankommen zu lassen, hält Heyd „für irrsinnig“.

Er rate Becker, die Füchse in eine spezielle Auffangstation zu bringen. Dort seien sie weder in Gefahr, noch litten sie unter einer Gefangenschaft. Sollte der Fuchs bleiben, dann bliebe Becker nur übrig, ihn auf seinem Gelände zu halten. Ob das möglich ist, will das Veterinäramt nun prüfen.

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