Bücherschrank in Vilich-Müldorf Ein Ort zum Stöbern und Plauschen

VILICH-MÜLDORF · Vilich-Müldorfer weihen ihren offenen Bücherschrank ein. Die Bürgerstiftung schoss 3000 Euro zu. Das, was sich am Dienstagabend in Vilich-Müldorf abspielte, mutete verschwörerisch an. In kleinen Grüppchen zogen die Bürger zum Platz an der Sparkasse, manche mit Plastikbeuteln, andere mit Bollerwagen bepackt.

 Kaum zu bremsen: Jürgen Reske und Ute Sartorio-Tschoepke (Mitte) stellen die ersten Werke in den Bücherschrank.

Kaum zu bremsen: Jürgen Reske und Ute Sartorio-Tschoepke (Mitte) stellen die ersten Werke in den Bücherschrank.

Foto: Max Malsch

Darin hatten sie Bücher, die dazu beitrugen, einen Traum wahr werden zu lassen. Den Traum von einem offenen Bücherschrank für ihren Ortsteil hatte Ute Sartorio-Tschoepke mit einer Freundin das erste Mal vor einem Jahr erwähnt. Dem Einsatz vieler ist es zu verdanken, dass jener Bücherschrank seit Dienstag an der Ecke Beueler Straße/Am Herrengarten steht. Der General-Anzeiger hatte im Frühjahr Sartorio-Tschoepkes Idee öffentlich gemacht. "Danach hat sich ein offener Arbeitskreis gegründet, der sich regelmäßig getroffen und der auf der Straße Spenden gesammelt hat", bilanzierte die Vilich-Müldorferin, die im Haus Emma wohnt.

Mit dem Bücherschrank, der an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr geöffnet hat, verfolgt die resolute Seniorin zwei Ziele. "Zum einen wollen wir hier die Kinder anziehen, die dem Lesen dann vielleicht auch als Jugendliche treu bleiben", so Sartorio-Tschoepke. Aber auch der - im Moment noch wenig ansehnliche - Platz als solcher soll durch das besondere Möbelstück eine Aufwertung erfahren beziehungsweise mehr genutzt werden.

"Wir wollen Events abhalten, wie man auf Neuhochdeutsch sagt", sagte sie schmunzelnd. So wird es zum Beispiel ein Adventssingen geben. Möglich wurde das Projekt erst, als die Bürgerstiftung Bonn finanzielle Unterstützung angekündigt hatte. "Wir haben daran aber die Verbindung geknüpft, dass der Arbeitskreis 3000 Euro aufbringen muss, und wir die andere Hälfte stemmen", sagte Jürgen Reske, Geschäftsführer der Bürgerstiftung Bonn. 2000 Euro schaffte der Arbeitskreis mit Hilfe vieler Bürger, 1000 Euro steuerte die benachbarte Sparkasse bei.

Bei der Eröffnungsfeier, die die Band "Nejbörs" aus dem Neubaugebiet musikalisch gestaltete, war auch Trixy Royeck samt Mann und Kind da. Sie hatte bei einem Ideenwettbewerb 2002 den Entwurf für den ersten Bücherschrank auf der Poppelsdorfer Allee geliefert. Für den achten Schrank im Stadtgebiet zeichnet aber Hans-Jürgen Greve von Stadtmöbel BOKX verantwortlich. "Seinerzeit habe ich im Auto vom Bücherschrank erfahren", erzählte der Bonner, der eigentlich Stadtplaner und Architekt war. "Jetzt lebe ich komplett davon, und das Exemplar in Vilich-Müldorf ist mein 140. Stück."

Die Idee hat sich weiterentwickelt, literarische Orte der Begegnung gibt es mittlerweile nicht mehr nur in Deutschland, sondern auch in anderen Teilen Europas. Das Modell an der Beueler Straße allerdings hat sogar einen kunstvollen Bewacher: Der metallene Leserabe Kolki sieht genau, wer sich dem Schrank nähert.

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