Interview in Beuel Ein Gespräch mit Erzpriester Sokratis Ntallis über das Osterfest

BEUEL · In diesem Jahr feiern die orthodoxen Christen an einem Termin mit den Katholiken und Protestanten Ostern. Die Griechisch-Orthodoxe Metropolie lädt am heutigen Samstag, ab 22 Uhr, und am Sonntag, ab 15 Uhr, zu freudigen Auferstehungsgottesdiensten in die Beueler Bonhoefferstraße 2.

 Erzpriester Sokratis Ntallis feiert an diesem Wochenende mit seiner Gemeinde das orthodoxe Osterfest, das nur ganz selten mit dem der Katholiken und Protestanten zusammenfällt.

Erzpriester Sokratis Ntallis feiert an diesem Wochenende mit seiner Gemeinde das orthodoxe Osterfest, das nur ganz selten mit dem der Katholiken und Protestanten zusammenfällt.

Foto: Max Malsch

Dieses Wochenende feiert Ihre Orthodoxe Kirche mit den Katholiken und Protestanten gemeinsam Ostern. Das ist nicht immer so, nicht wahr?
Erzpriester Sokratis Ntallis: Nein, aber dieses Jahr haben wir einen einheitlichen Termin. In anderen Jahren gibt es Unterschiede von einer bis zu zehn Wochen.

Und warum gibt es unterschiedliche Termine?
Ntallis: Die Regel für den Ostertermin, der wir Orthodoxen auch heute noch entsprechen, hat das Erste Ökumenische Konzil im Jahr 325 unter Konstantin dem Großen festgeschrieben. Sie war über Jahrhunderte für das gesamte Christentum verbindlich. Erst später ließen die westlichen Kirchen einen Teilsatz dieser Regel weg: dass das Osterfest nicht nur am ersten Sonntag nach Vollmond und nach Frühlingsanfang, sondern auch nach dem jüdischen Paschafest stattfinden muss. Wir Orthodoxe feiern Ostern also weiterhin nur nach dem Paschafest.

Gibt es eigentlich aktuell Gespräche, dass einmal wieder ein einheitlicher Termin für alle christlichen Kirchen gefunden wird?
Ntallis: Ja, im Weltrat der Kirchen wurde eine entsprechende Kommission eingerichtet. Da laufen die Gespräche aber noch. Es gibt noch keinen Beschluss.

Wie feiern eigentlich die Orthodoxen Ostern?
Ntallis: Das Osterfest ist für uns ein Höhepunkt christlicher Feiern im Jahr. Es lebt vor allem vom Unterschied zwischen tiefem Leid und großer Freude. Wir erleben das hautnah. Die seelische Anteilnahme ist bei uns sehr groß. Schon einmal in der Fastenzeit. Christus hat sich für uns geopfert. Deshalb wollen wir etwas in unserem Leben opfern. Wir enthalten uns zum Beispiel materieller Dinge und konzentrieren uns auf die geistlichen.

Was ist in Ihrer Gemeinde in der Karwoche gelaufen?
Ntallis: Wir haben die Geschichte des Leidens mit großer Frömmigkeit erlebt. Die Gedanken haben sich in unseren Passionsandachten darauf konzentriert. Am Gründonnerstag sind wir den Kreuzweg zusammen gegangen. Am Karfreitag haben wir die Grablegung Christi in einer Prozession hier um die Kirche und um den gesamten Block herum nachempfunden. Sowohl bei der katholischen als auch bei der evangelischen Kirche haben wir auf dem Weg eine Andacht gehalten. Und zwar im Namen des Opfers Christi für die Einheit der christlichen Kirche und den Frieden.

Und was passiert heute am Karsamstag bei Ihnen?
Ntallis: Wir haben die Traurigkeit gefühlt, weil Christus gestorben ist. Und auf einmal kommt an diesem Abend die Freude über die Auferstehung auf. Endlich wird das Licht, werden ganz viele Kerzen angezündet. Unser Metropolit Augoustinos leitet wie am Sonntag den Gottesdienst.

Äußerung dieser Freude sind auch die roten Eier, die Sie am Ostersonntag nach dem Gottesdienst verteilen.
Ntallis: Ja. Es gibt bei uns nur rot bemalte Eier. Die Farbe erinnert an die biblische Geschichte von der Sklaverei der Juden in Ägypten. Wichtig ist für uns auch, zu Ostern Lamm zu essen. In der Bibel ist es das Lamm Gottes, das die Juden nicht geschnitten, sondern nur "gebrochen" haben. Es ist ein Symbol.

Kann man sagen, dass die biblischen Symbole bei den orthodoxen Christen an den Feiertagen auch sinnlich erlebt werden?
Ntallis: Genau, alle Symbole kommen in unseren Lesungen und Gesängen in der Osterzeit vor.

In Ihrem Ostergottesdienst werden ja auch Blütenblätter geworfen ...
Ntallis: Das geschieht sozusagen als Triumph am Sonntagnachmittag beim Fest der Liebe. In der Bibel gehen die Frauen zum Grab Christi. Und der sagt zu ihnen: Freut euch. Zur Freude über die Auferstehung werden also im Gottesdienst Blüten in unserer Kirche geworfen.

Und bei diesen Gottesdiensten kann jedermann mitfeiern?
Ntallis: Ja, jeder ist eingeladen. Um 23 Uhr wird das Licht übergeben, damit wir gleichzeitig mit der griechischen Zeit sind und unsere Gemeindemitglieder mit den Verwandten und Freunden feiern können.

Und wann laden Sie am Sonntag zur Vesper der Liebe?
Ntallis: Ab 15 Uhr. Zum Schluss gibt's für alle Gottesdienstbesucher, ob orthodoxe oder nicht, rote Eier. Und Käse, Kaffee und Kuchen. Und griechische Musik.

Was bedeutet es eigentlich, dass Sie Orthodoxe zum Schluss die roten Eier aneinanderschlagen?
Ntallis: Das bedeutet wieder Symbolisches aus der Bibel. Es erinnert an die Verfolgung der Juden in Ägypten. Die männlichen Kinder sollten ja ermordet werden. Und da hat ein Engel die kleinen Jungen vor dem Tod bewahrt, indem er heimlich auf alle Türschwellen die rettende rote Farbe malte, das Zeichen, dass dort angeblich keine männlichen Kinder lebten.

Ihre Ostergottesdienste sind auch vielsprachig?
Ntallis: Ja, dann kommen auch Leute aus vielen anderen Städten zu uns. Und wir lesen das Evangelium wie zu Pfingsten in mehreren Sprachen: in Griechisch, Rumänisch, Englisch, Hebräisch, Französisch, vielleicht auch Russisch, das kommt darauf an, wie die Teilnahme ist. Bei uns gibt es also so etwas wie "Urbi et Orbi" beim Papst in Rom (lacht).

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