Gespräch am Wochenende Dieter Schaper: "Beuel ist selbstbewusster denn je"

BEUEL · Fehlender Maarstraßenanschluss, Südtangente, Neubaugebiete - Dieter Schaper (SPD), ist seit 25 Jahren Kommunalpolitiker in Beuel und spricht im Interview des General-Anzeigers über Themen seiner politischen Anfangszeit, die noch heute nicht erledigt sind, aber auch über Ziele, die die Kommunalpolitik erreicht hat. Als einen Höhepunkt sieht er den Bonner Bogen.

 Dieter Schaper (SPD) bezeichnet die Zusammenarbeit mit anderen Politikern in Beuel wie Zahiye Dörtlemez (FDP) und Günter Dederichs (CDU) als gut.

Dieter Schaper (SPD) bezeichnet die Zusammenarbeit mit anderen Politikern in Beuel wie Zahiye Dörtlemez (FDP) und Günter Dederichs (CDU) als gut.

Foto: Max Malsch

Die Bezeichnung „Kommunalpolitisches Urgestein“ trifft auf ihn zu, obwohl er erst 52 Jahre alt ist. Dieter Schaper sitzt seit 25 Jahren in der Bezirksvertretung Beuel und ist damit nach Günter Dederichs der dienstälteste Kommunalpolitiker im Stadtbezirksparlament. Über seine Erfahrungen als Beueler Politiker und über die Potenziale des rechtsrheinischen Stadtbezirks sprach Schaper mit Holger Willcke.

Gibt es Themen aus Ihrer Anfangszeit, die bis heute noch nicht erledigt sind?
Dieter Schaper: Ja, es gibt leider noch einige wenige. Zum Beispiel der Bau des Autobahnanschlusses an die Maarstraße und die Südtangente. Beim Maarstraßenanschluss zeichnet sich jetzt endlich mit dem Jahr 2019 ein Baubeginn ab. Das Planfeststellungsverfahren für die Baugenehmigung läuft derzeit. Beim Thema Südtangente entscheidet das Bundesverkehrsministerium im Frühjahr über die Aufnahme des Autobahnnetzschlusses in den neuen Bundesverkehrswegeplan. Aber es wird nicht zu einer schnellen Lösung kommen, die Widerstände gibt es so lange, wie ich in der Bezirksvertretung sitze. Ich halte die Südtangente im Übrigen nach wie vor für Unsinn.

Das Thema fehlender Wohnraum bestimmt seit Jahren die Diskussionen zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Wurden vor 20 Jahren zu wenige Neubaugebiete ausgewiesen?
Schaper: Nein, das kann man so für Beuel nicht pauschal sagen, der Wohnungsbau stand auch damals schon im Mittelpunkt unserer Debatten. Es gab schon in den 1980er- und 1990er-Jahren heftige Diskussionen über die Ausweisung von Baugebieten. Ich erinnere da an die verbalen und juristischen Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Bürgerschaft bezüglich der Bebauung von Weiers Wiesen in Holzlar. Im Nachhinein kann man feststellen, dass der Wohnungsbau an dieser Stelle richtig war. Am Landgrabenweg sind auf freien Feldern nach heftigen Protesten Wohnungen entstanden, die heute jeder normal findet. Von teuren Eigentumswohnungen bis hin zu öffentlich geförderten. Um den Schießbergweg ist fast ein neuer Stadtteil entstanden. Die Richtung stimmt also.

Wenn Sie die 25 Jahre Revue passieren lassen, was war die wichtigste Entwicklung?
Schaper: Die städtebauliche Entwicklung des Beueler Südens. Ich denke da an die Umwandlung des Zementfabrikgeländes zum Bonner Bogen und an die Ansiedlung der Telekom am Landgrabenweg – beides Projekte, die Beuel, aber natürlich auch ganz Bonn als Wirtschafts- und als Wohnstandort prägen. Und in diesem Zusammenhang muss man erwähnen, dass Beuel früher als verpönter Standort galt; das hat sich völlig ins Gegenteil gewandelt. Dadurch ist Beuel selbstbewusster denn je.

Gilt das auch für das politische Tagesgeschäft? Wie gut kann sich Beuel mit seinen Themen im Stadtrat durchsetzen?
Schaper: Die politische Zusammenarbeit in Beuel ist konstruktiv und sehr menschlich und nahezu ausschließlich sachorientiert. Das unterscheidet uns von den anderen Stadtbezirken. Und das gilt nicht nur für die Mehrheitskoalition. Bei wichtigen Themen ziehen die Oppositionsparteien auch oft mit. Allen Gruppen ist es wichtig, dass wir von Beuel starke politische Signale nach Bonn schicken. Dadurch ist es für die Bezirksverordneten aus Beuel einfacher, die Beschlüsse auch entsprechend durch den Stadtrat zu bekommen.

Mit welcher Entwicklung in Beuel sind sie unzufrieden?
Schaper: Die Gestaltung des Rathausvorplatzes war über viele Jahre eine schwierige Geburt. Dann gab es mit dem Projekt Facharztzentrum ein tolles Konzept, dem wir zugestimmt haben. Was daraus allerdings geworden ist, ist traurig. Die Gestaltung der Fassade hat für viel Ärger gesorgt, die Tiefgarage wurde bislang nicht angenommen, der Glaspavillon steht immer noch leer und für die Nutzung des Stadtbalkons gibt es auch noch keinen Abschluss. Das habe ich mir alles ganz anders vorgestellt.

Macht Ihnen Kommunalpolitik nach so vielen Jahren noch Spaß?
Schaper: Ja, das liegt vor allem daran, dass wir in Beuel ein harmonisches Miteinander pflegen. Selbst nach kontrovers geführten Debatten können wir noch gemeinsam um die Ecke ein Bier trinken gehen. Aber natürlich ist jeder Politiker auch ein Stück weit Egoist, aber entscheidend ist, dass man konstruktiv an Lösungen arbeitet. Und das klappt in Beuel gut.

Wenn Sie so sehr auf das Miteinander in Beuel abheben, sagen Sie indirekt, dass diese Eigenschaft in Bonn nicht so wichtig ist – oder?
Schaper: Ja, aus meiner Sicht läuft in Bonn auf Ratsebene seit einigen Jahren nicht alles rund. Das gilt auch für meine eigene SPD-Fraktion. Uns fehlen zur Zeit klare Konturen und klare Aussagen, aber auch Entscheidungsfreudigkeit und Bissigkeit. Das war in Zeiten unter der Führung von SPD-Größen wie Gerd Heidemann und Walter Bitterberg anders. Wir sind kein Studentenparlament, von uns werden gemeinsame Entscheidungen für die Stadt erwartet, daran fehlt es, bei allen.

Mit welchem SPD-Politikerkollegen haben Sie damals angefangen, der heute noch aktiv ist?
Schaper: Ulrich Kelber. Wir waren beide bei den Jusos in Beuel aktiv. Wir sind politisch zusammen groß geworden, wobei er natürlich eine ganze andere Karriere gemacht hat. Ich bin für ihn in die Bezirksvertretung Beuel und später dann auch in den Stadtrat nachgerückt.

Mit welchem Politikerkollegen der anderen Parteien haben Sie in der Vergangenheit am effektivsten zusammengearbeitet?
Schaper: Mit Günter Dederichs von der CDU. Wir waren und sind ein gutes Team. Hier zeigt sich auch, dass Kommunalpolitik eine sehr persönliche Geschichte ist. Keinen in der Bezirksvertretung kenne ich länger, und wir haben uns wahrlich nicht immer lieb gehabt.

Wenn man die politische Farbenlehre zugrunde legt, sind Sie ein sehr farbenfroher Politiker – oder?
Schaper: Das kann man so sagen. Ich habe in den unterschiedlichsten Koalition-Konstellationen mitgearbeitet: rot-grün, rot-schwarz, schwarz-rot-gelb.

Wird es für Sie noch eine siebte Legislaturperiode geben?
Schaper: Darüber denke ich derzeit oft nach. Der plötzliche Tod meines Ratskollegen Werner Esser hat auch bei mir Spuren hinterlassen. Ich denke, dass die nächsten Jahre ausschlaggebend sein werden, ob ich weitermache. Streit um des Streitens Willen ist nicht mein Ding. Wenn eine gute Idee vom politischen Gegner stammt, kann ich gut mitstimmen. Das erwarte ich auch vom politischen Gegenüber. Aber so eine Einstellung ist derzeit in den Parteien, auch in meiner Partei nicht mehr so sehr gefragt.

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