Neue Heimat in Beuel "Die Liebe führte mich hierhin"

BEUEL · Der Künstler Lasse Samström erzählt über Frauen, Schüttelprosa und Poetry Slams - und was er an Beuel mag und nicht mag.

 Lieblingsplatz: In seiner Beueler Wohnung mag Poetry Slamer Lasse Samström vor allem die Malereien weinender Kinder seines Lieblingskünsters Giovanni Bragolin.

Lieblingsplatz: In seiner Beueler Wohnung mag Poetry Slamer Lasse Samström vor allem die Malereien weinender Kinder seines Lieblingskünsters Giovanni Bragolin.

Foto: Max Malsch

In vier Stadtteilen hat Lasse Samström zuvor gewohnt. In Auerberg, Tannenbusch, Lengsdorf und in der Altstadt. Doch immer wieder zog es ihn auf die rechtsrheinische Seite. Um der Liebe willen. "Alle meine Ex-Freundinnen kamen aus Beuel, noch heute lebt meine Tochter mit ihrer Mutter hier", verrät der Künstler.

Schon mit 16 Jahren pendelte Samström von Rheinbach zu seiner ersten großen Liebe über den Rhein. Vor sechs Jahren wurde Beuel endgültig zu seinem Wohnort. "Damals fand die Sanierung der Kennedybrücke statt. Ich hatte das Gefühl, die Stadt macht das nur für mich", erinnert sich der 46-Jährige.

"Früher bin ich zwar mit Freude über diese schöne Brücke gefahren, doch jetzt kann ich der Stille am Rheinufer frönen, wenn meine künstlerische Depression danach verlangt." Die Nähe zur Natur, die Menschen und ihre Herzlichkeit, aber auch die gute Verkehrsanbindung sprechen für Beuel, meint Samström.

Der gebürtige Eifeler, der mit bürgerlichem Namen Albrecht Lahme heißt, wuchs mit seinen Eltern und der Schwester in Rheinbach auf. Er ging ins Internat, bis der erste Liebeskummer über ihn hereinbrach. "Ich war in der Oberstufe fürchterlich unglücklich verliebt", erzählt Samström, "und wie sich das für einen Rebellen gehört, bin ich natürlich vom Internat geflogen." Dabei habe er die Schule geliebt.

Als er dann weitermachen wollte, musste er ein Jahr pausieren, weil sein Schwerpunkt Erziehungswissenschaften nicht in seiner Jahrgangsstufe angeboten wurde. Damals begann er bei der Punkband "Die amoklaufenden Frittenbuden" zu singen und Songtexte zu schreiben.

"Ich habe damit den Grundstein für meine Poetry-Slam-Karriere gelegt, ohne es zu wissen", so der 46-Jährige.

Nach dem Abitur 1990 und dem Rauswurf aus seiner zweiten Band "House of Suffering" war Schluss mit Rock'n'Roll.

Für sein Studium als Übersetzer ging er nach Maastricht in den Niederlanden und überraschte dort sich selbst und die Professoren. "Als einer von wenigen habe ich das Probejahr nach der Studienzeit bestanden. Daran scheitern sogar die meisten Niederländer", sagt Samström stolz. "Ich fühlte mich unverwundbar."

Vielleicht war es genau diese Euphorie, die ihn an den Erfolg seiner Liedertexte erinnerte. Denn eins konnte er aus der Zeit als Sänger mitnehmen: die Erfahrung, dass das Publikum seine Texte auch ohne Musik hören wollte.

"Wir hatten bei unseren Auftritten ständig gerissene Gitarrensaiten, die geflickt werden mussten. So entstanden Pausen, die ich irgendwie überbrücken musste. Also habe ich angefangen, meine Texte vorzutragen. Die waren meist auf rund fünf Minuten ausgelegt, was sich später als die perfekte Länge für einen Slam herausstellte", erklärt Samström.

Beim Poetry-Slam dürfen die Teilnehmer in maximal zehn Minuten ihre Dichterkunst auf der Bühne vortragen. Dabei ist alles erlaubt: singen, reimen, musizieren, dichten. In 17 Jahren in der Szene hat Lasse Samström einiges erlebt: Auftritte in Deutschland und im europäischen Umland, Moderationen für den WDR sowie den deutschen Meistertitel 2002 in der Einzel- und Teamdisziplin.

Seine Schüttelprosa, die aus Sätzen wie "wir fitten keine Brauchnesscenter und wir fritten auch keine Bauchnessc" besteht, ist mittlerweile zu seinem Markenzeichen geworden.

Doch trotz deutschlandweiter Engagements bleibt Lasse Samström der Region treu: "Ich könnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen, weil es unzählige Dinge gibt, die mich einfach zwingen, hier zu sein."

Kennen Sie jemanden, der in den Stadtbezirk gezogen ist und dem General-Anzeiger von seinem Weg hierher und seinen Erfahrungen als Neubürger berichten möchte? Oder sind Sie sogar selbst ein Neu-Beueler?

Dann melden Sie sich gerne bei uns unter beuel@ga.de oder Tel. 02 28/66 88 466. Wir freuen uns über Ihre Vorschläge.

Das sagt Lasse Samström über seine neue Heimat:

Sofort gefallen hat mir an Beuel ...

dass die Leute schon nach ein paar Wochen angefangen haben, mich auf der Straße zu grüßen, als wäre ich einer von ihnen.

Ich werde mich nie daran gewöhnen...

dass auf der Beueler Rheinseite eine schöne Kopie vom Brückenmännchen steht, die aber da nichts zu suchen hat. Das ist, als würde man etwas aus Düsseldorf nach Köln stellen.

Mir fehlt...

eine Stammkneipe.

Mein Lieblingsort ist ...

der Bücherschrank am Rondell am Rhein.

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