Karnevalszug in Beuel Die Beueler feiern wilden Karneval und Pützchens Markt

Bonn · In der Beueler Weiberfastnacht dreht sich alles um Pützchens Markt. Trotz Sturmwarnung erobert Wäscherprinzessin Luisa I. das Rathaus ohne Probleme.

Zugleiter Joachim Mertens setzte sich pünktlich um 10 Uhr auf seinem Wagen an der Schauspielhalle die Narrenkappe auf und streckte den Daumen in die Höhe. „Alles in Ordnung“, sagte er noch und gab so das Startzeichen für die Beueler Weiberfastnacht.

Entgegen den ersten Wetterprognosen blieb am Morgen der Regen aus, es war auch noch windstill. Beste Voraussetzungen also für Wäscherprinzessin Luisa I. und Tausende Anhänger. Und, wer hätte das gedacht, sie holte sich am Ende auch den Schlüssel fürs Rathaus und ließ einige männliche Muskelprotze ganz schön schwach aussehen. Kein Wunder, dass all die Wiever auf dem Platz lauthals jubelten und selbst Wunderheiler Eckart von Hirschhausen auslachten. Auch der TV-bekannte Kabarettist und Medicus hatte kein Kraut gegen die Allmacht der Frauen.

Die kennen sich bestens mit Bonns größtem Volksfest aus, getreu dem Sessionsmotto „Wievefastelovend un Pützchens Maat – Beuele Wieve stonn parat“. Luisa I. lässt jedes Jahr bei der Kirmes keinen Tag aus, und Wäscherin Romina Markmann dreht immer die Knöpfchen am Octopussy-Karussell.

Das Thema war förmlich eine Steilvorlage für viele Zugteilnehmer. Das Alte Beueler Damenkomitee kam mit Hüten, auf denen sich ein Wellenflieger drehte und zwischen Zuckerperlenkette und Lebkuchenherz Fahrchips für die Nessyschaukel hingen. Autoscooter fuhr die Frauengemeinschaft St. Josef: Die Wiever hatten sich kleine Schlauchboote mit Lenkrad um die Hüften gebunden und mit Stoßstangen und Lampen verziert. Als Stromabnehmer diente eine lange Stange, die sich hoch über dem Kopf bog. Daran hing dann noch ein roter Luftballon. Das Schönste war: Alle liefen wie wild umher, vorwärts, rückwärts und bauten einen Zusammenstoß nach dem anderen. Tat ja nicht weh.

Das Spektakel schauten sich dahinter die Rheinfunken-Mammuts vom Ice-Age-Wagen aus an. Der war liebevoll nach altem Brauch mit bunten Krepprosen verziert. Die Kinder hatten natürlich wieder leere Kamellebüggel dabei, in der Hoffnung, dass sie sich ganz schnell füllten. Da brauchen sie in Beuel aber gar keine Angst zu haben. Nur ein kleiner Clown in der Zuggruppe Aktion Regenbogen hatte das System noch nicht so ganz verstanden. Er ging lachend an den Straßenrand und wollte sich ein paar Süßigkeiten aus den Tüten der Kinder mopsen. Die hielten Schokoriegel, Bonbons, Popcorn und Chips aber gut im Blick und verteidigten sogar ihr Handtuch, das sie eben noch bei der St.-Pius-Kita geschnappt hatten.

Nur von den leuchtenden Quallen hielten sich alle lieber fern. Für diese Verwandlung hatten Anemone Kranz und ihre Familie Schirme bauschig weiß verkleidet, an denen Tentakel hingen. „Die Männer stehen als Leuchttürme am Rand“, ordnete die Chefin für die jecke Unterwasserwelt an.

Wor och dr Himmel öfters jrau, un et Sönnche schingk jet mau: Die Schülerinnen vom Sankt-Adelheid-Gymnasium brachten mit ihren bunten Blüten auf den grünen Rasenkostümen genügend Farbe ins Spiel. „Wir verteilen Tulpen, Rosen und Nelken. Die kriegen alle, die besonders nett sind“, sagte Janne (12). Klar, dass alle Verkleidungen selbst genäht waren.

Dann ging es auch schon am Wagen der Wäscherprinzessin vorbei, die sich vor dem Einreihen alles anschaute: unzählige watschelnde Pinguine von der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bad Godesberg, Mariechen, Stadtsoldaten, LiKüRa-Ehrengarde, Sambagruppen, Kapellen und und und.

Darunter war auch das Beueler Häärekomitee, das in Achterbahnsitzen saß und sich beim Rathaussturm auf die Seite der Verteidiger schlug. „Ich seh' nur Tuppese da oben“, rief Obermöhn Ina Harder der Mannschaft zu: Jahrmarktdirektor Ashok Sridharan (sonst Bonner Oberbürgermeister), Box-Ostzonenmeister Guidomir Déussitschko (Bezirksbürgermeister Guido Déus) und Raúl Enrico Plüschprumminguez, das letzte vergessene Gespenst aus der Geisterbahn (Bezirks-Vize Ralf Laubenthal). Die hatten den Medicus Eckart von Hirschhausen als Wunderheiler engagiert. „Hätte die gesammelte Frauenpower doch statt Rathaus in Beuel das Weiße Haus gestürmt“, meinte der. „Mehr Wäscherinnen nach Washington.“

Dann brüsteten sich die Männer bei „Hau den Lukas“ und schlugen johlend eine Hebebühne mit Beueler Fahne bis zum Anschlag nach oben. Weil's so schön war, noch mal. Nur hatte keiner bemerkt, dass sich Luisa in den aufsteigenden Korb geschlichen hatte. Noch schnell den Schlüssel zum Rathaus stibitzt, und der Sieg über die Herren war sicher.

Die Weiberfastnacht war nicht nur ruhmreich, sondern auch überwiegend friedlich. Weitaus mehr Polizisten als sonst und Sperren an den Einfallstraßen sorgten für Sicherheit.Weiberfastnacht und viel Spaß beim Feiern.

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