Autorestaurierung Der zerlegte Benz
BEUEL · Die Karosserie sandstrahlen, die Sitze aufpolstern, den Motor komplett instand setzen: Der GA begleitet die Restaurierung eines Mercedes 219, Baujahr 1959. Das Projekt hat gerade Halbzeit.
"Seit mehr als einem Monat habe ich nichts mehr an dem Auto machen können", sagt Christoph Müller. Schuld ist das Unwetter, das vor diesem Zeitraum teilweise faustdicke Hagelkörner vom Himmel über Bonn und der Region geworfen hat.
Und die haben teilweise auch Autos erwischt, die nun Schlange stehen bei der Beueler Firma Vögeli, die auf die Behebung solcher Karosseriearbeiten spezialisiert ist. Müller hatte sich eigentlich einem ganz anderen Projekt verschrieben: Er ist zuständig für die Restaurierung eines Mercedes 219 Ponton aus dem Jahr 1959, die der GA in loser Folge begleitet. Gerade haben zeitgenössische Wagen Vorrang in Müllers Werkstatt.
Auch wenn sich das Projekt nun wohl bis in den Herbst verzögern wird: Die Hälfte der Arbeiten hat Müller jedoch schon geschafft seit Anfang Mai. Zunächst hatte er es mit viel Fett zu tun. Als er den kompletten Unterboden freilegte, Tank, Achse und andere Teile demontierte, ist er auf eine rund vier Zentimeter dicke Fettschicht von der Kardanwelle getroffen, die sich im Laufe der Jahre dort angesammelt hatte.
Der Ausbau des Motors lief ebenfalls wie geschmiert. Er wird bei einer Spezialfirma komplett instand gesetzt, sprich: zerlegt, überholt und wieder zusammengesetzt. "Es muss alles überarbeitet, aber nichts erneuert werden. Die Kolben zum Beispiel sind zum Glück nicht festgerostet und funktionsfähig", sagt Müller.
Erstaunt ist der Mechaniker, auf welchem Stand die Technik bei Mercedes schon war. "Für die Verhältnisse damals ist das sehr modern", sagt Müller, der einen beträchtlichen Kabelbaum aus dem Auto gezogen hat.
Gleiches gilt für die gesamte Innenausstattung. Die Sitzbänke werden zu einem Sattler gegeben und neu gepolstert. Übrig geblieben ist die Rohkarosse, die Müller auf ein eigens angefertigtes Gestell gesetzt hat, um den Wagen beweglich zu halten.
Der Korpus des Mercedes ist zuletzt sandgestrahlt worden. Dabei wird ein sehr fein gekörntes Material, das kann Sand, aber auch Kunststoff oder Kokosnussschale sein, mit gut 700 Stundenkilometern auf die Karosserie gestrahlt.
"Die ist dann komplett blank und rau wie Schleifpapier", sagt Müller. In einem nächsten Schritt muss der Wagen dann wieder glatt geschliffen werden. Durch diese Methode bleiben keine Roststellen zurück.
Wenn Müller sich nicht mehr um Hagelschäden kümmern muss, geht es daran, den Wagen wieder zusammenzusetzen. "Zunächst kommen die Schweißarbeiten. Manche Karosserieteile sind so von Rost befallen, dass ich sie komplett austauschen möchte. Nur Löcher stopfen kommt nicht infrage."
Die größte Herausforderung war bisher nicht ein einzelner Arbeitsschritt, sondern der Wagen an sich: "Ich muss mich in das Auto hineindenken. Heute sind viele Teile aus Kunststoff und zusammengeklammert. Damals wurde fast nur Blech verwendet und zusammengeschraubt. Oft sind es dann kleinste Schrauben, die man finden muss", sagt Müller. Mehr Spaß, als Hagelschäden ausbessern, macht es trotzdem.