Bestattungskulturen beim Beueler Hospizverein Bräuche zu Sterben, Tod und Trauer

BEUEL · "Die schwarze Schleife mit der Flugnummer, die jetzt nach dem schrecklichen Flugzeugabsturz in den sozialen Netzwerken geteilt wird, ist Ausdruck einer neuen Trauerkultur", erläuterte Dagmar Hänel im Anschluss an ihren Vortrag am Dienstagabend.

Über die Geschichte von Bestattungen sprach Dagmar Hänel.

Über die Geschichte von Bestattungen sprach Dagmar Hänel.

Foto: Leif Kubik

Es ging um ein ernstes Thema: Der Beueler Hospizverein hatte zu einem Vortrag über Tod und Sterben in die Versöhnungskirche in der Neustraße eingeladen. Ereignisse wie das schwere Unglück träfen die Gesellschaft kollektiv, und gemeinsame Zeichen in der Öffentlichkeit - egal ob virtuell oder zum Beispiel durch das Ablegen von Blumen oder Kränzen an zentralen Gedenkorten - seien ein Ausdruck von Zusammenhalt. "Neu ist dabei die Tatsache, dass die Trauernden einander nicht kennen und erst durch moderne Medien zusammenfinden", so Hänel.

"Von Leichenbitter bis zum Beerdigungskuchen - Bräuche und Rituale um Sterben, Tod und Trauer" war der Vortrag überschrieben, den die Kulturwissenschaftlerin des Landschaftsverbands Rheinland vor einem rein weiblichen Publikum hielt: Etwa40 Frauen hatten den Weg in die Kirche gefunden und wurden dafür mit einem informativen Vortrag über die Besonderheiten und den Wandel von Beerdigungs-, Trauer- und Sterbezeremonien belohnt. "Frauen beschäftigen sich offenbar häufiger als Männer mit dem Thema Tod, verdrängen es weniger. Solche tradierten Schemata beeinflussen uns wohl doch stärker als man denkt", kommentierte Hänel das einseitige Geschlechterverhältnis.

Vom Beerdigungskuchen, der in den meisten Regionen Deutschlands ein einfacher Streuselkuchen vom Blech gewesen sei bis zum Leichenbitter, der, wie schon Pfarrerin Bettina Gummel in ihrer Begrüßungsrede ausführte, "nichts mit Magenbitter zu tun hat", skizzierte Hänel zu Beginn ihres Vortrags alte Beerdigungsbräuche. "Es gab auch einen Hochzeitsbitter - oft war das dieselbe Person, die eben die Nachbarn zu diesen konträren Anlässen einlud." Ein spezifisch rheinischer Brauch sei zum Beispiel das "Fußfallbeten, bei dem die unverheirateten Frauen eines Ortes einen Kreuzweg liefen und für den Sterbenden beteten: der Ursprung des Begriffes "Totbeten".

"Die Urne mit Omas Asche auf dem Bücherregal, Tante Fridas Überreste zum Diamanten gepresst, Weltraumbestattung oder doch lieber die letzte Ruhe im Friedwald?" Die Möglichkeiten der Bestattung seien vielfältiger geworden, erläuterte die Referentin abschließend. "Die letzte Reise lässt sich inzwischen in vielfältigen Formen gestalten. Aus einem durch Symbole und Bräuche fest gefügten Bestattungsritual hat sich ein Markt der Möglichkeiten entwickelt."

In den letzten 50 Jahren zeige sich ein gravierender Wandel der Bestattungskultur: "Ein aussagekräftiges Zeichen für die Veränderungen der Gesellschaft. Wir gewinnen mehr Freiheit und Individualität, müssen aber aufpassen, dass wir das Thema nicht durch wachsende Anonymität aus unserer Wahrnehmung verdrängen. Dabei finde ich die Arbeit von Einrichtungen wie dem Hospizverein ganz besonders wichtig."

Hospizverein

Der 2002 gegründete gemeinnützige Beueler Hospizverein begleitet Schwerkranke und Sterbende in ihrer vertrauten Umgebung zu Hause oder in Senioreneinrichtungen. Die über 240 Mitglieder werden dabei von den evangelischen und katholischen Gemeinden in Beuel unterstützt. Der Verein unterhält ein Trauercafé im Gemeindehaus, das in der Regel am dritten Freitag jedes Monats von 17 bis 19 Uhr geöffnet ist. Informationen unter www.beueler-hospizverein.de.

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