Gespräch am Wochenende Bonner Verein will Kinder an Konzerte heranführen

Bonn · Musik regt die Sinne an, schärft den Verstand und weckt Gefühle: Um Kinder und Jugendliche schon früh an Konzerte, Oper und Musicals heranzuführen, hat sich 2005 der Verein „Kinder ins Konzert“ gegründet. Von Anfang an leitete Andrea Will die Initiative als Geschäftsführerin. Mit ihr sprach Gabriele Immenkeppel.

 „Generell ist es für die Entwicklung gut, wenn bei Kindern schon früh die Begeisterung für Musik geweckt wird“, sagt Andrea Will, die zwölf Jahre den Verein „Kinder ins Konzert“ geleitet hat. FOTO: BARBARA FROMMANN

„Generell ist es für die Entwicklung gut, wenn bei Kindern schon früh die Begeisterung für Musik geweckt wird“, sagt Andrea Will, die zwölf Jahre den Verein „Kinder ins Konzert“ geleitet hat. FOTO: BARBARA FROMMANN

Foto: Barbara Frommann

Welche Musikaufführung haben Sie als Letztes gehört?

Andrea Will: Als Besucherin war ich vor wenigen Tagen bei einem Jazzkonzert mit Thomas Quasthoff in der Kölner Philharmonie, als Musikerin habe ich am vergangenen Samstag ein Konzert gegeben.

Wie viele Kinder haben Sie in den letzten Jahren an Musik herangeführt und wie viele Veranstaltungen hat der Verein organisiert?

Will: Wir haben 64 Konzerte und Musiktheater-Events veranstaltet und oft auch konzipiert. Insgesamt waren etwa 12 500 Zuhörer dabei, davon rund die Hälfte Kinder.

Wie haben Sie das geschafft?

Will: Uns war von Anfang an klar, dass wir Kinder, die wir für Musik begeistern wollen, einbinden müssen. Sie sollten nicht einfach nur auf ihrem Platz sitzen und zuhören, sondern wir haben stets versucht, sie in das Geschehen einzubinden und Teil davon werden zu lassen. So macht sich Langeweile erst gar nicht breit. Dabei muss man sehen, dass man die Kinder weder über- noch unterfordert. Außerdem haben wir die Veranstaltungen so geplant, dass sie nicht zu lange dauern. Auch die Orte waren für Kinder spannend. So fanden unsere Konzerte im Bilderbuchmuseum, im Museum Koenig oder in Telekom Forum statt.

Wieso ist ein früher Zugang zur Musik so wichtig für Kinder?

Will: Das ist in der Musik nicht anders als in anderen Bereichen. Was man als Kind lernt, das beherrscht man meist ein Leben lang. Sicher kann man auch später noch einen Zugang zum Gesang und zur Musik finden. Aber generell ist es für die Entwicklung gut, wenn früh die Begeisterung geweckt wird.

Müssen Sie immer die ganze Familie einbeziehen, um „nachhaltig“ zu wirken?

Will: Natürlich. Denn unsere Veranstaltungen sind nicht ausschließlich für Kinder gedacht. Wir haben stets Eltern sowie Geschwister mit einbezogen. Selbst wenn diese oft noch sehr klein waren.

Ihr Verein hat über zwölf Jahre wertvolle Arbeit geleistet. Jetzt löst er sich auf. Weshalb?

Will: Diese Entscheidung kam nicht überraschend. Das Projekt „Kinder ins Konzert“ habe ich vor allem mit meinem Mann Wolfgang Pohl gestemmt. Wir haben viel Herzblut hineingesteckt und viel Schönes erlebt. Aber in den letzten Jahren sind andere Dinge für uns wichtiger geworden.

Schwingt nicht auch ein wenig Wehmut mit?

Will: Natürlich. Als wir Anfang Dezember zu unserer letzten Aufführung ins Telekom Forum fuhren kamen schon viele Erinnerungen hoch. Aber dieser Abschnitt ist jetzt vorbei.

Was muss sich ändern, damit Kinder aller Gesellschaftsschichten an das Kulturgut Musik herangeführt werden?

Will: Ich denke, dass sich die Einstellung zur Kunst und ihr Stellenwert in der Gesellschaft ändern muss, bei Eltern sowie den Verantwortlichen in Kinderchören und Musikgruppen. Natürlich ist es wichtig, dass ein Kind in der Schule vorankommt. Daneben muss es jedoch auch Zeit geben, um beispielsweise in einem Chor zu singen oder ein Instrument zu erlernen. Chöre sind immer noch ein sehr niederschwelliges Angebot, um Kinder an Musik heranzuführen. Dafür müssen die Chöre jedoch auch neue Wege gehen. Und sie müssen durchlässiger und stets darum bemüht sein, neue Kinder aufzunehmen, damit man nicht plötzlich vor leeren Reihen steht.

Weshalb ist eine musikalische Erziehung so wichtig?

Will: Beim gemeinsamen Musizieren oder Singen wird Teamgeist geweckt. Die Kinder lernen, Teil einer Gruppe zu sein, die sich auch ohne Sprache versteht, über alle Grenzen hinweg. Gleichzeitig geht es natürlich nur mit Anstrengung und Ausdauer. So werden bestimmte Tugenden erlernt, auf die man ein ganzes Leben lang bauen kann.

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