Experten in eigener Sache Bonner Schüler beraten Gleichaltrige als Medienscouts

PÜTZCHEN · Nach einem Streit auf dem Schulhof verschwinden blaue Flecken wieder. Doch Verletzungen durch Cyber-Mobbing bei WhatsApp oder Facebook bleiben - und treiben Jugendliche im schlimmsten Fall sogar in den Selbstmord.

 Die Schüler der Carl-Schurz-Realschule an ihrem Präsentationsstand zum Thema Cyber-Mobbing.

Die Schüler der Carl-Schurz-Realschule an ihrem Präsentationsstand zum Thema Cyber-Mobbing.

Foto: Gerlind Schabert

Das ist eine der wichtigen Erkenntnisse, die 26 frischgebackene Bonner "Medienscouts" aus einer gemeinsamen Fortbildung des Medienzentrums Bonn und der Bonner Kriminalpolizei mitgenommen haben.

Am Montagabend erhielten die Schülerinnen und Schüler dreier Bonner Schulen im Sankt-Adelheid-Gymnasium ihre Scout-Urkunden und nutzen die Gelegenheit, Eltern und Lehrer in kleinen Vorträgen über ihr neu erworbenes Wissen zu informieren. "Wer denkt schon daran, dass Fotos, die man in WhatsApp-Gruppen stellt, abfotografiert und weiterverbreitet werden können?", fragte Lena Kulus am Informationsstand "Social Media".

Die Schülerin besucht die achte Klasse der Liebfrauenschule, in der viele Mädchen den angesagten Dienst nutzen und war erstaunt zu erfahren, dass er offiziell erst für Jugendliche ab 16 Jahren vorgesehen ist. In den nächsten Monaten wird sie ihre Kenntnisse über Cyber-Mobbing, Privatsphäre, Passwortschutz, Computersucht oder Kostenkontrolle an ihre Mitschülerinnen weitergeben. Denn die Idee hinter der Ausbildung von Scouts ist die Wissensvermittlung über Gleichaltrige. "Die Welt im Netz ist unendlich viel größer und gefährlicher als die meisten von uns Erwachsenen ahnen. Aber selbst, wenn wir Einblick kriegen und die Kinder darauf ansprechen, wird deutlich: Von uns lassen sie sich weniger sagen als von Freunden oder Mitschülern", sagt Sankt-Adelheid-Schulleiter Egbert Bachner.

Seine Einschätzung passte zu den Schilderungen von Yousra Madjido aus der 9b der Carl-Schurz-Realschule. "Wir hatten bei uns einen schlimmen Fall, in dem ein gemeines Video herumgeschickt und immer weiter verbreitet wurde. Zum Glück haben wir es geschafft, das in einem Gespräch mit allen Schülern und ein paar Lehrern zu klären." "Passt auf, was ihr im Internet preisgebt, denn es vergisst nichts" stand mahnend auf einem Transparent im Vortragsraum der Gruppe "Datenschutz".

"Ich würde nie mehr eine AGB einfach nur anklicken, ohne sie genauer anzuschauen", versicherte dort Fatima Elgadra von der Liebfrauenschule. Allen Teenagern war anzumerken, wie viel sie bei den vier Thementagen im Medienzentrum erfahren und neu betrachtet haben. "Experten in eigener Sache" nennte sie deshalb die Medienzentrum-Trainerin Sabine Hörter. Sie hofft, dass das Pilotprojekt nun mit vielen weiteren Schülern und begleitenden Lehrkräften in Serie gehen kann. "Wir werden euch bei eurer wichtigen Arbeit nicht alleine lassen, sondern immer wieder nachhören, wie es für euch läuft", so Hörter.

Medienscouts

Die Ausbildung zum Medienscout für Schüler der 7. bis 9. Klasse erfolgt an vier Tagen im Medienzentrum der Stadt Bonn. Die Teilnehmenden müssen in dieser Zeit von der Schule freigestellt werden. Kosten entstehen nicht, Verpflegung muss mitgebracht werden. Nach der Qualifizierung bekommen die Jugendlichen ein Zertifikat. Kontakt über das Medienzentrum Bonn, Sabine Hörter, unter [sym_tel] 0228/77 46 38 oder das Polizeipräsidium Bonn, Lorenz Wüsten, [sym_tel] 0228/15 76 16. sgl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort