Buch spielt im Bonn der Hauptstadt-Zeiten und im Spanien nach dem Franco-Regime Beueler schreibt Roman über das Guernica-Massaker

Beuel · Die Vögel zwitschern im Bad Godesberger Kurpark. Tief atmet der Protagonist in Bernhard Hagemeyers neustem Roman "Carlos de Teruel" hier unter einer Libanonzeder durch.

 Bernhard Hagemeyer stellt seinen Roman vor, der die spanische Geschichte aufarbeitet.

Bernhard Hagemeyer stellt seinen Roman vor, der die spanische Geschichte aufarbeitet.

Foto: Sebastian Tews

Drüben im Kleinen Theater wird "Don Quijote" als Komödie gespielt, liest er auf Plakaten. Dieser Carlos Pamedo, in den 1970er Jahren Politiker des demokratischen Neuanfangs im Spanien nach Franco, ist auf Bonn-Besuch.

Jetzt muss er sich erst einmal frische Luft verschaffen. Bei einem Empfang in der nahen Redoute ist er nämlich unversehens auf ein ehemaliges Mitglied jener berüchtigten Legion Condor gestoßen. Dieser deutsche Ministerialrat a.D. hat Pamedo doch wirklich gesteckt, 1937 bei der grausamen Bombardierung der spanischen Stadt Guernica mitgeflogen zu sein.

"Wir waren es, die eure franquistische Front gerettet haben", war der alte Krieger immer noch stolz auf das Massaker, das Pablo Picasso in seinem berühmten Monumentalgemälde abbildete. Hagemeyers Protagonisten ist es im Roman speiübel.

Als junger Mann hatte dieser Pamedo Guernica überlebt und war in Gefangenschaft der Franquisten geraten. "Eine gute Gelegenheit, zwischen Deutschland und Spanien eine Brücke der Freundschaft zu bauen", schlägt im Roman der Ministerialrat dem Spanier beim Bier "Im Stiefel" vor.

Als der Deutsche die Fassungslosigkeit seines Gegenübers dann doch wahrnimmt, sagt er den fürchterlichen Satz: "Ich habe nur Befehle ausgeführt."

Warum beschäftigt sich ein deutscher Autor im Jahr 2018 mit dem Franco-Erbe? "Ich will erinnern", antwortet Bernhard Hagemeyer, wie er da fürs Foto vor dem Kleinen Theater steht.

Seit zehn Jahren suche er in seinen Romanen "Balkenstube", "Chalet Grunewald", "Kellergeschoss" und jetzt in "Carlos de Teruel" eine Antwort auf die Frage: Wie gehen wir mit Vergessen, Vergangenheit und Gegenwart um? Im grausamen Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) habe die politisch-militärische Achse zwischen Adolf Hitlers Berlin und Madrid mit der Bombardierung von Guernica und Teruel durch die Legion Condor der deutschen Wehrmacht keine geringe Rolle gespielt, so Hagemeyer. Er schreibe also gegen das Vergessen an.

Die Wunden des Franco-Regimes (1939-1975) seien zudem bis heute in Spanien nicht aufgearbeitet. Seit Juni 2018 versuche der neue sozialistische Ministerpräsident, das "Gesetz der historischen Erinnerung" zu reformieren - gegen einigen Widerstand.

Sollte das heutige Spanien am Franco-Erbe zerbrechen, könne es keinen Beitrag zu einem zukunftsfähigen Europa leisten, glaubt Hagemeyer. Seine Hauptfigur Pamedo sei eine fiktive Figur, die aber ebenso gut gelebt haben könnte wie jener Condor-Legionär oder der deutsche Repräsentant eines Bonner Entwicklungshilfeinstituts, den Hagemeyer auftreten lässt.

Und welche Leser spricht der Autor, ein 79-jähriger Diplomkaufmann mit Passion für Geschichtsromane, an? Die Antwort kommt unverzüglich: Diejenigen, die wissen, dass sie für das Tun und Handeln unserer Vorfahren nicht verantwortlich seien, die sich jedoch heute bemühten, mit der Vergangenheit verantwortungsvoll umzugehen.

Bernhard Hagemeyer, Carlos de Teruel, Verlag Tredition 2018, 19 Euro

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