Ausgrabungen in Vilich-Müldorf Bedeutendste frühmittelalterliche Siedlung Deutschlands gefunden

BEUEL · Wenn 2016 die ersten Bonner im Wohnpark II in Vilich-Müldorf ihre Häuser beziehen, dann betreten sie geschichtsträchtigen Grund. Archäologen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) haben auf einem 17 Hektar großen Areal zwischen Bechlinghoven und Vilich-Müldorf eine tausendjährige Besiedlungsphase nachgewiesen.

Von der Römerzeit bis zum Hochmittelalter - also etwa vom zweiten bis zum zwölften Jahrhundert - haben Menschen zwischen Ennert und Sieg gesiedelt. Als deutschlandweite Sensation stufen die Bodenforscher den Fund der größten bekannten Merowinger-Siedlung ein. Zwischen dem sechsten und achten Jahrhundert sollen auf dem Areal südlich und nördlich der Bundesstraße 56 unmittelbar an der Grenze zu Hangelar mindestens 94 Gebäude - sogenannte Gruben- und Langhäuser - gestanden haben.

Das umfangreiche Fundmaterial belegt den ländlichen Charakter der Siedlung mit Handwerkern und Bauern. "Dass unsere Archäologen diese Nachweise entdeckt haben, ist zum einen ein außergewöhnlicher Glücksfall, zum anderen werden sie die Forschung revolutionieren. Die Fundsachen jetzt auszuwerten und daraus die richtigen Rückschlüsse zu ziehen, ist eine Herausforderung für die Wissenschaft", erklärte Thomas Otten.

Der Referatsleiter für Bau- und Bodendenkmalpflege im Düsseldorfer Bauministerium ist Nordrhein-Westfalens oberster Denkmalpfleger. Die penible und seriöse Forschungsarbeit der archäologischen Fachkräfte des LVR habe die sechs Jahre andauernden Grabungen zu einem Erfolgsprojekt werden lassen, so Otten. Die beiden Grabungsleiter Ivonne Weiler-Rahnfeld und Marcel El-Kassem präsentierten gestern voller Stolz die ungewöhnlichsten Fundstücke und Erkenntnisse.

[kein Linktext vorhanden]Zum Beispiel wurden in Vilich-Müldorf zwei Übungslager des römischen Militärs entdeckt. "Dort haben die Legionäre das Kämpfen geübt. Sie lagen in Gräben und haben sich gegenseitig mit leichten Steinkugeln beworfen. Die runden Steine, die wir gefunden haben, sind aus Trachyt und stammen somit wahrscheinlich aus der Region rund um den Drachenfels", sagte El-Kassem.

Auch nach der Zeit der Römer und Merowinger blieb die Fläche für Menschen interessant: Die Forscher haben bei ihren Grabungen ein Haus mit eingestürzten Mauern aus der Zeit des Hochmittelalters gefunden. "Damals lebte das Adelsgeschlecht der Herren von Berg im Raum Vilich. Das Haus könnte ein bäuerlicher Fronhof gewesen sein", sagte El-Kassem. Die Ausgrabungsarbeiten dauern noch bis Freitag, 29. November. Danach wird das Gelände wieder eingeebnet.

Die archäologischen Arbeiten werden von der landeseigenen Stadtentwicklungsgesellschaft NRW.Urban finanziell unterstützt, die anschließend das zwölf Hektar große Gelände nördlich der B56 erschließen wird. Dort sollen in den nächsten Jahren bis zu 330 Wohneinheiten errichtet werden. Der Wohnpark II bietet etwa 1000 Bürgern eine neue Heimat.

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