Nach Brandanschlag Bücherschrank am Beueler Rheinufer wiedereröffnet

Beuel-Mitte · Nach dem Brandanschlag auf den Bücherschrank am Beueler Rheinufer haben Anwohner in kurzer Zeit 1300 Euro für die Reparatur gesammelt. Am Dienstagnachmittag wurde der Schrank wieder eröffnet.

Friederike Kleemann verbreitete viel gute Laune, denn für sie war der Dienstag ein Freudentag. Am Nachmittag wurde der Bücherschrank am Beueler Rheinufer wieder eröffnet, den Unbekannte in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni in Brand gesteckt hatten. „Er gibt mir viel“, sagte die Beuelerin. „Er ist für mich eine Art Seelenort.“ Deshalb war sie Feuer und Flamme, als sich kurz nach dem Anschlag Anwohner vernetzten, um Spenden für die Wiederherstellung zu sammeln.

Treibende Kraft dahinter war Enes Kaya, der zur Wiedereröffnung nicht kommen konnte. Schon eine Stunde, nachdem eine Nachbarin beim Gassigehen den zerstörten Schrank fotografiert und das Bild im Internet geteilt hatte, hatte Kaya die Spendenplattform aufgemacht, erzählte Uli Kindermann. „Leute, die sich vorher nicht kannten, waren plötzlich vernetzt.“ Er selbst hatte auf Twitter verbreitet, dass man Geld sammeln wolle. „Nach dem ersten Tag war das schon 50 Mal geteilt worden, inzwischen gut 10 000 Mal.“

Binnen kürzester Zeit kamen so die 1300 Euro zusammen, die für die Reparatur des Schrankes benötigt wurden. Die Bonner schätzen ihre Bücherschränke – die meisten jedenfalls.

Der Bücherschrank wurde 2005 aufgestellt, war nach dem ersten linksrheinischen auf der Poppelsdorfer Allee der erste rechtsrheinische. Und er hat schon mehrmals Vandalismus über sich ergehen lassen müssen, aber noch niemals eine so heftige Zerstörung. „Das war eine sinnlose Tat, wir waren alle fassungslos“, sagte Werner Ballhausen, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Bonn, die die Bücherschränke aufstellt. Das energische Engagement der Anwohner sei ein tolles Zeichen. An die noch nicht gefassten Täter appelliert er: „Lest Bücher, dann kommt ihr nicht auf so saublöde Ideen.“

Mehr als nur ein Ort für Bücher

Auch Bezirksbürgermeister Guido Déus war beeindruckt von der Einsatzfreude der Bürger. Er hatte für die Wiedereröffnung extra einen anderen Termin verschoben: Dieser Anlass sei ihm so wichtig, sagte er, weil der Tag des Brandes ihn so erschüttert habe. „Das war ein Tag, an dem ich als Beueler Bürgermeister mich schämen musste.“ Er war der Ansicht, das Beueler Rheinufer sei der richtige Standort für einen Bücherschrank.

Denn der, sagte Kindermann, sei mehr als ein Ort für Bücher: Er sei auch ein Treffpunkt, an dem man sich austauschen konnte. „Das ist ein schönes Projekt, weil es nicht kommerziell ist, aber sozial“, fand auch Kleemann, die nach eigener Aussage jeden Tag mehrmals dort vorbeigeht. „Man kann sich gegenseitig Ideen, Trost und Inspiration geben.“

Sie und einige Bürger hatten zur Eröffnung Bücher mitgebracht, mit denen sie den Schrank gleich wieder gut füllten. Auch Menschen, die gar nichts von dem Brand mitbekommen hatten, kamen vorbei und stellten Lektüre ein. Zugleich wurde auch schon wieder gestöbert. „Hier gibt es nur ganz wenige Bücher, die länger als eine Woche drin sind“, so Kindermann. Er hatte sich gegen Ideen wie Videoüberwachung ausgesprochen: Man wolle kein Zeichen der Unsicherheit, sondern für Nachbarschaft und Gemeinschaft setzen.

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