Krötenwanderung in Beuel 172 Kröten an einem Tag

Ramersdorf · Familie Grimm hilft mit, Amphibien auf ihrem Weg zum Laichen über die Straße zu tragen. Insgesamt 20 Helfer unterstützen Monika Hachtel von der Biostation. Sogar ein Feuersalamander hat sich am Fangzaun eingefunden.

 Leeren die Eimer an der Oberkasseler Straße: (von links) Andreas, Katharina und Katja Grimm.

Leeren die Eimer an der Oberkasseler Straße: (von links) Andreas, Katharina und Katja Grimm.

Foto: Max Malsch

Die Grimms hatten nicht damit gerechnet, dass ihr Familienspaziergang im Ennert so anstrengend werden würde. Sie wollten wie schon im Vorjahr den Kröten über die Oberkasseler Straße helfen. Doch entlang des anderthalb Kilometer langen Amphibienzauns kamen sie aus dem Sammeln gar nicht mehr heraus.

Wie alle 20 ehrenamtlichen Helfer der Bonner Biostation in Dransdorf führten auch die Schwarzrheindorfer eine genaue Strichliste, wer so alles in die insgesamt 63 Eimer vor dem Zaun geplumpst war: In zweieinhalb Stunden sammelten sie 172 Kröten, zwei Frösche und vier Feuersalamander ein. Eigentlich kein Problem. Aber die drei – Mutter Katja, ihr Mann Andreas und Tochter Katharina – hatten selbst nur einen Eimer mitgebracht.

„Wir mussten zigmal über die Straße zum Dornheckensee“, sagte Katja Grimm. Rund 30 Amphibien passten pro Fuhre in den Eimer. „Das war ein schönes Gestapel und ganz schön viel Gequake“, so die Beuelerin. Es habe sich wie das Schreien von Möwen angehört.

Jeden Tag kontrollieren die Helfer

Die zwölfjährige Katharina musste sich anfangs ein wenig überwinden, die Kröten anzufassen. Erst recht, wenn schon ein Männchen auf dem Weibchen saß. Doch mit der Arbeit kam das Vergnügen: Ihr hat der Spaziergang Spaß gemacht. Immerhin war sie es auch, die sich im vergangenen Jahr wünschte, etwas mit Tieren und Umweltschutz zu machen. „Über Umwege sind wir dann zur Biologischen Station gekommen“, sagte Katja Grimm.

Erstmals gab es den Zaun bergauf auf der linken Seite der Oberkasseler Straße Mitte der 1990er Jahre. Früher blieb er das ganze Jahr über, steht heute aber nur noch in der Saison, die bis Mitte April dauert. Die Helfer der Biostation installierten ihn am 21. Februar, dazu noch einen kleinen, 100 Meter langen in Oberholtorf. Die Eimer sind alle zehn bis 15 Meter in den Boden gegraben.

Die Amphibien kommen derzeit nach ihrer Winterruhe aus dem Wald rund um den Ankerbach, „laufen den Zaun entlang und fallen in die Eimer“, sagt Biologin Monika Hachtel. Die freiwilligen Helfer, die über eine Liste ihre Dienste eintragen, kontrollieren dann einmal am Tag die Eimer im Ennert. Dabei schauen sie auch nach, ob der Zaun noch in Ordnung oder eventuell beschädigt ist.

Krötenwanderung zum Dornheckensee

„Es geht darum, dass möglichst viele Tiere zur Erhaltung des Vorkommens am Dornheckensee laichen können“, sagt Hachtel. Es reicht, die Tiere in die Nähe des Laichgewässers zu bringen. Zwischen 600 und 1200 Amphibien kommen so jedes Frühjahr sicher über die Straße. Zu 90 Prozent sind das Erdkröten, aber im Schnitt auch 40 Grasfrösche, zehn Bergmolche und 30 bis 40 Feuersalamander.

Die Biologin nennt einiges Wissenswerte über die Kröten:

  • Die Männchen werden mit zwei, die Weibchen mit drei Jahren geschlechtsreif. Es kann aber auch ein paar Jahre später sein, wenn sie nur wenig Nahrung finden. Die Kröten leben also durchaus einige Jahre im Wald und „haben mit Wasser gar nichts am Hut“, sagt Hachtel. Irgendwann komme der „Trade-off“: Nach der Winterruhe wägen die Kröten ab, ob es zum Laichen geht oder in dem Jahr noch nicht. Die Biologen wissen nicht genau, wie das funktioniert. Diese Entscheidung sei vermutlich hormonell gesteuert.
  • Wenn es auf die Reise geht, muss es mindestens sechs Grad warm sein. Die Kröten verlassen nach der Winterruhe ihre Verstecke im Laub und unter Wurzeln. Aber nur ab der Dämmerung, da sie nachtaktiv sind. Sie finden Regen und feuchten Boden schön. Abmarsch zum Dornheckensee.
  • Am Gewässer verpaaren sich die Weibchen. Es dauert dann ein bis zwei Wochen, bis sie ihre Laichschnur gelegt haben und das Wasser wieder verlassen. Ab Mitte Juni werden aus den Larven (Kaulquappen) kleine Kröten, die sich dann im Wald verteilen. „Optimal wäre es, sie auch bei der Rückwanderung zu sammeln“, sagt Hachtel, denn viele liefen sicherlich wieder über die Straße. Doch für den Zeitraum sei der Aufwand zu groß.
  • Weibchen laichen oft nur einmal und sterben dann. Doch manche sind so fit, dass sie das auch zwei bis dreimal schaffen. Ansonsten können Kröten bis zu zehn Jahre alt werden.
  • Eine Besonderheit traut man den Kröten vielleicht gar nicht zu, was Monika Hachtel besonders spannend findet: „Sie gehören zu den Tieren, die einen Magnetsinn haben.“ So wie Zugvögel. Die Amphibien wissen also immer, wo sie sich befinden. Da sei es dann auch kein Problem, sie zum See zu tragen. Wie dieser Ortungssinn, für den der Mensch ein Navigationsgerät braucht, funktioniert, wissen die Forscher allerdings noch nicht so genau.
  • Amphibien sind eine 360 Millionen Jahre alte Tierklasse. „Sie waren die ersten Tiere, die an Land gegangen sind“, sagt Hachtel. Älter sind noch die Fische. Die sind aber im Wasser geblieben.
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