Godesberger Hotel Dreesen Tradition am Rhein

BAD GODESBERG · Experten meinen, Unternehmergeist sei nicht erblich. Wer Fritz Georg Dreesen und Fritz Olaf Dreesen in ihrem gleichnamigen Bad Godesberger Traditionshotel beobachtet, könnte einen anderen Eindruck erhalten.

Vater und Sohn: Fritz Olaf (links) und Fritz Georg Dreesen vor ihrem Rüngsdorfer Rheinhotel.

Vater und Sohn: Fritz Olaf (links) und Fritz Georg Dreesen vor ihrem Rüngsdorfer Rheinhotel.

Foto: Frank Homann

Fast synchron laufen Vater und Sohn im dunklen Anzug durch die gediegene Eingangshalle, um am Fenstertisch zum Rhein eine Stammkundin zu begrüßen.

Ein zweifacher Handschlag, eine kurze, heitere Plauderei. "Hotelier ist eigentlich kein Beruf, sondern eine Lebensaufgabe", sagt Fritz Georg Dreesen, mit 65 Jahren der Senior im Rheinhotel. Sein Sohn nickt. Schräg hinter ihnen wacht ein weiterer Dreesen über die Lobby des geschichtsträchtigen Bonner Hauses. "Mein Großvater", sagt der Senior-Chef und deutet auf das Ölgemälde eines streng blickenden älteren Herren.

Auch wenn mit dem 37-jährigen Fritz Olaf nun die mittlerweile fünfte Generation die Geschicke des Hauses leitet, war dieser Schritt keine Selbstverständlichkeit, wie Vater und Sohn betonen. "Dass ein Hoteldirektor seinen Job erfüllen kann und will, ist wichtiger, als dass er aus der Familie stammt", sagt der Senior. Seine Kinder habe er auch deshalb nie zur Übernahme des Familienunternehmens gedrängt.

Es sollte anders laufen als in seiner eigenen Jugend: "Am Tag meiner Geburt war klar, was ich später beruflich mache, und es wurde nie mehr darüber gesprochen", erinnert sich der Fritz Georg Dreesen. Mit 22 Jahren übernahm er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters das Hotel - ein Sprung ins kalte Wasser: "Dass ich an diesem Job wirklich Spaß hatte, war reiner Zufall", sagt er heute.

Seinem Sohn habe er daher geraten, sich den Einstieg in den Familienbetrieb genau zu überlegen. Vor dem Aufstieg zum Hoteldirektor musste Fritz Olaf sich beweisen: Nach Hotelfachlehre und Betriebswirtschaftsstudium bekam der Junior die Chance, den Biergarten im Hotel neu aufzustellen. "Nicht einfach so", sagt der Vater, "sondern richtig mit Vertrag". Der Biergarten florierte bald wieder und die fünfte Generation Dreesen übernahm immer mehr Aufgaben.

Heute stehen Vater und Sohn auf der Internetseite des Unternehmens beide als Geschäftsführer. "Ich bin eher der Innenminister, mein Vater der Außenminister", sagt Fritz Olaf Dreesen. Wer ist der Chef? Entscheidungen treffe man "gemeinsam", versichern beide.

Es ist eine rheinische Lösung, die so manchem Unternehmensberater die Schweißperlen auf die Stirn treiben würde. Im Rheinhotel Dreesen scheint sie zu funktionieren. "Es gibt kein Patentrezept für die Unternehmensnachfolge", sagt der Junior. "Da muss jeder für sich den richtigen Weg finden."

In Rüngsdorf sieht der richtige Weg so aus, dass Vater Dreesen "immer ein Büro im Hotel haben wird", wie er sagt. Gleichzeitig macht er den Weg für den Einfluss der nächsten Generation frei: "Irgendwann hat man in den Betrieb alle seine Ideen eingebracht, dann ist es Zeit für etwas Neues", sagt er. "Ohne Innovationen geht ein Hotel unter."

Sohn Fritz Olaf will seine unternehmerischen Entscheidungen treffen, ohne sich von der langen Ahnenreihe einschüchtern zu lassen. Hotelgründer Friedrich Dreesen erbaute das weiße Haus mit der Jugendstil-Fassade 1893 an der Rheinpromenade, eröffnete das Hotel ein Jahr später und etablierte es schnell als Treffpunkt für Industrielle, Adel und Politik.

Im "Dreesen" konferierten 1938 Adolf Hitler und der britische Premierminister Neville Chamberlain. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog das Rheinhotel das Bonner Hauptstadt-Publikum an. "Es ist ein Ort, der nicht kopiert werden kann", sagt Fritz Olaf Dreesen. Ein Museum ist der Betrieb trotzdem nicht. Demnächst will der Junior-Chef anbauen.

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