Städtische Baumkontrolleure Nicht jeder Schaden ist sichtbar

RÜNGSDORF · Nur ein leeres Baumbeet am Kapellenweg zeugt davon, dass hier bis zum vergangenen Samstag ein stattlicher Baum stand. Wie berichtet, war er plötzlich umgefallen und hatte dabei zum Glück niemanden verletzt.

 Am vergangenen Samstag schaffte die Feuerwehr den umgestürzten Schnurbaum weg.

Am vergangenen Samstag schaffte die Feuerwehr den umgestürzten Schnurbaum weg.

Foto: Mühl

"Der Baum ist umgestürzt, weil das Wurzelwerk weitestgehend vermorscht war", teilte des Presseamt der Stadt auf Anfrage mit. Die Stadt Bonn beschäftigt vier hauptamtliche Baumkontrolleure, die die Verkehrssicherheit von rund 90.000 Bäumen alle 15 Monate überprüfen.

Zur Verkehrssicherung müssen beim Amt für Stadtgrün im Durchschnitt 300 Bäume pro Jahr gefällt werden, so die Auskunft des Presseamtes. Natürlich sei auch der Schnurbaum am Kapellenweg regelmäßig kontrolliert worden, betonte Dieter Fuchs, Leiter des Amts für Stadtgrün. Auf die Frage, ob man die morschen Wurzeln hätte erkennen können, antwortete er mit: Nein.

Im aktuellen Fall hat der umgestürzte Baum leichte Schäden an Autos angerichtet. Die Stadt hafte nicht dafür, wenn nachweisbar die Verkehrssicherheitskontrolle nach dem üblichen und gesetzlich abgesicherten Standard durchgeführt wurde, erklärte Fuchs: "Dieser Standard wird bei den Straßenbäumen in Bonn eingehalten."

Auch private Grundstückseigentümer müssen dafür sorgen, dass ihre Bäume standsicher sind. "Jeder haftet für seine Bäume und ist dafür verantwortlich", sagte Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg.

Im Zweifel an den Fachmann wenden

Es gibt Tipps im Internet, dass man sich selbst mit halbjährlichen, dokumentierten Sichtkontrollen vor Schadensersatzforderungen schützen kann. "Das halte ich allerdings für völlig lebensfremd. Ich bin Anwalt und kein Baumchirurg", sagte Hergarten. Er rät, sich im Zweifel einen Fachmann zu holen, der sich den Baum ansieht.

Scheinbar gesunde Bäume, die ganz plötzlich umstürzen, sind Einzelfälle. Bevor den Schnurbaum am Kapellenweg seine Wurzeln im Stich ließen, war in Bonn eine Rosskastanie am Bonner Talweg/Ecke Königstraße betroffen. Bei dem mindestens 130 Jahre alten Baum handelte es sich um ein Naturdenkmal.

Im vergangenen Dezember war wohl auch Wurzelfäule der Grund für den plötzlichen Tod des Baumes. Passanten wurden auch hier nicht verletzt. Die Kastanie stürzte nachts um. Der Bundesgerichtshof hat 1965 ein für die Verkehrssicherungspflicht von Bäumen richtungsweisendes Urteil gefällt.

Darin heißt es: "Der Verkehrssicherungspflicht ist genügt, wenn die nach dem jeweiligen Stand der Erfahrungen und Technik als geeignet und genügend erscheinenden Sicherungen getroffen sind, also den Gefahren vorbeugend Rechnung getragen wird, die nach Einsicht eines besonnenen, verständigen und gewissenhaften Menschen erkennbar sind."

Jeder Baum an einer Straße stelle eine mögliche Gefahrenquelle dar. Eingehende Untersuchungen sind nur notwendig, wenn es "verdächtige Umstände" wie trockenes Laub, verdorrte Teile, äußere Beschädigungen oder Probleme mit der Statik gibt.

Private Eigentümer können Bäume oft nicht vorsorglich fällen lassen, vor allem, wenn es sich um wertvolle Bäume handelt, die unter die städtische Baumsatzung fallen. Helmut Hergarten verweist darauf, dass "die politische Diskussion in die Richtung läuft, Gehölze zu erhalten". Ein bisschen Risiko bleibt.

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