Amerikanische Siedlung Protest gegen Neubaupläne

PLITTERSDORF · In Bad Godesberg bahnt sich die erste handfeste Auseinandersetzung der neuen Wahlperiode an. Wieder einmal geht es um mögliche Neubauten. Schauplatz des beginnenden Streits ist die frühere Amerikanische Siedlung in Plittersdorf.

Die Vereinigte Bonner Wohnungsbaugesellschaft (Vebowag) hat einige der dortigen Grünflächen zum Zwecke der "Nachverdichtung" im Auge. Dies war aus einer Stellungnahme der Stadtverwaltung auf eine Anfrage des Bürger Bundes Bonn hervorgegangen. Parallel dazu herrscht Aufregung, weil die Vebowag den Betreiber des Internationalen Kindergartens austauschen will.

  • Das sagt die Vebowag: Hinsichtlich möglicher Neubauten hat Geschäftsführer Michael Kleine-Hartlage auf Anfrage des General-Anzeigers bestätigt, dass die Vebowag entsprechende Gedanken hegt: "Angesichts fehlenden Wohnraums überprüfen wir die in unserem Eigentum befindlichen Grundstücke laufend auf maßvolle Nachverdichtungsmöglichkeiten. Ein Kölner Architekturbüro hat uns Skizzen einer moderaten Nachverdichtung angefertigt, die Grundlage von Vorgesprächen mit der Stadt waren", erläutert der Geschäftsführer. Einen Antrag auf einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan habe man im März 2013 bei der Stadt gestellt. Allerdings werde das gesamte Vorhaben "im Augenblick nicht aktiv weiter verfolgt". Im Übrigen, so Kleine-Hartlage, entstünde diese Form der Bebauungspläne "in einem mehrstufigen Verfahren, in das die Bezirksvertretung, der Rat der Stadt Bonn und vor allem auch die Bürger einbezogen werden". Im Falle der Amerikanischen Siedlung sei zudem dem Denkmalschutz Rechnung zu tragen.
  • Das sagen die Anwohner: Viele Bewohnern der Siedlung packt allein bei der abstrakten Vorstellung von Neubauten in den Parks zwischen ihren Häusern das kalte Grausen. So fühlen sich Anlieger der Europastraße nach eigenen Worten von der Vebowag "hintergangen". Sie hätten, so heißt es in einer Pressemitteilung, vornehmlich 2013 ihre Eigentumswohnungen von der Vebowag gekauft. "Die wunderbaren denkmalgeschützten Parkanlagen waren der maßgebliche Grund, diese Wohnung zu Quadratmeterpreisen zu erwerben, die in der benachbarten Neubausiedlung für qualitativ hochwertige Neubauwohnungen verlangt werden", so Unterzeichner Udo Schmitz. Bauliche Mängel, die insbesondere den innerhäuslichen Lärmschutz betreffen, habe man "in Kauf genommen, um in dieser herrlichen Umgebung heimisch zu werden". Von den Nachverdichtungsplänen habe man erst jetzt erfahren. Udo Schmitz: "Wie kann es sein, dass in den Verkaufsgesprächen - auch und gerade beim Thema Preise - seitens der Vebowag immer wieder auf den bestehenden Denkmalschutz mit der daraus resultierenden Unveränderlichkeit der Gesamtstruktur der Siedlung verwiesen wurde, wenn nahezu zeitgleich bereits ein Antrag zur Änderung des Bebauungsplans bei der Stadt eingereicht wurde?"

Gedankenspiele oder konkrete Pläne? Keine offizielle Bestätigung gibt es jedenfalls bislang für die unter den Anliegern kursierenden Nachrichten, die Vebowag wolle "insgesamt sieben Neubauten", darunter auf den Grünflächen nahe der Europastraße 12 "ein fünfgeschossiges Wohnhaus" errichten sowie "bestehende Gebäude aufstocken" und verfolge "bereits seit 2010 solche Überlegungen". "Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, in Bonn nach bezahlbarem Wohnraum zu suchen", schreibt GA-Leserin Christiane Stüer: "Im Park der Amerikanischen Siedlung zu bauen, erscheint ähnlich fernliegend wie dies eine Errichtung von Wohnbebauung im Rheinauenpark, Park Carstanjen oder an der Bastei wäre". So sieht es Anwohner Gerd Hergen Lübben, der an die Kommunalpolitik schreibt: "Im Zuge dieser meines Erachtens denkmalschutzwidrigen Bauplanung würden zahlreiche seitens der Vebowag bisher als besonders attraktiv hervorgehobene Merkmale der Siedlung betroffen sein".

  • Das sagt die Politik: Bereits an den Tagen unmittelbar vor der Kommunalwahl war das Thema "heiß gelaufen". Nachdem der Bürger Bund Bonn (BBB) mit dem Thema - und einem klaren Nein zu den Überlegungen der Vebowag - aufgewartet hatte, meldeten sich auch die meisten anderen Parteien zu Wort. Inhaltlich steht die Wählervereinigung allerdings keineswegs alleine da: "Nein zu Bauverdichtung", überschreibt die Plittersdorfer CDU eine Pressemitteilung, in der Vorsitzender Nikolaus Kircher erklärt: "Wir fordern die Vebowag auf, von diesbezüglichen Plänen unverzüglich und öffentlich Abstand zu nehmen". Einen "Protestbrief" gibt es auch von der FDP: "Diese Areal muss so, wie es ist, erhalten bleiben", schreibt Ulrich Hauschild. Einzig die Bad Godesberger Grünen teilen die Interpretation der Vebowag ihrer Überlegungen als "unverbindliche Skizzen". Alles Weitere obliege der politischen Willensbildung; die Aufregung in der Siedlung sei der "Panikmache" des Bürger Bundes geschuldet, der Wahlkampf mit der Angst der Bürger betreibe. Und Kleine-Hartlage sagt zur Haltung von BBB, FDP und CDU: "Das ist wieder typisch, Verdichtung bitte nicht vor meiner Haustür." Der BBB indes fuhr in Plittersdorf am Wahlsonntag prompt sein bestes Ergebnis in ganz Godesberg ein.
  • Die Kindergartenfrage: Dass die Vebowag den zum Jahresende auslaufenden Vertrag mit dem internationalen Montessori-Kindergarten nicht zu verlängern gedenkt, hat Geschäftsführer Kleine-Hartlage bestätigt. Zugleich bekräftigte er, dass man sich mit einem anderen Betreiber in Verhandlungen befinde und die Zahl der Kindergartenplätze ausgebaut werden solle. Einen Grund für den angestrebten Wechsel nennt die Vebowag nicht. Im Umfeld ist hinter vorgehaltener Hand von länger währenden atmosphärischen Störungen zwischen beiden Vertragspartnern zu hören. Der Bürger Bund, der die Kündigung und die Nachverdichtungspläne als "abgekartetes Spiel" sieht, fordert die Rücknahme der Kündigung. Der Antrag liegt bereits vor.
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