Werner Jordan Plittersdorfer sammelt alles über Tenor Fritz Wunderlich

PLITTERSDORF · Andere in seinem Alter hörten Elvis Presley oder die Beatles. Doch Werner Jordan war von einer Stimme gefesselt, die so klar und ausdrucksstark war, dass man jedes Wort verstehen konnte, auch wenn man noch kein Opernkenner war. Sie gehört dem lyrischen Tenor Fritz Wunderlich und ist heute noch Maßstab für große Sänger dieses Fachs.

 Schallplatten, Bücher und Fotos: Werner Jordan sammelt alles, was mit dem 1966 verstorbenen Sänger Fritz Wunderlich zu tun hat.

Schallplatten, Bücher und Fotos: Werner Jordan sammelt alles, was mit dem 1966 verstorbenen Sänger Fritz Wunderlich zu tun hat.

Foto: Ronald Friese

"Ich hatte zwar auch eine Platte von den Beatles - Beatlemania -, aber der Wunderlich hat sich durchgesetzt", erzählt Jordan. Mit einer Schallplatte aus dem Angebot eines Buchclubs hat alles angefangen. Seit den 1960er Jahren hört Jordan regelmäßig Aufnahmen von Fritz Wunderlich. In den 1980er Jahren kam er von der Musik zum Menschen und fing an, alles über Leben und Wirken des Künstlers zu sammeln. Die ersten beiden Ordner hat er kürzlich dem Stadt- und Heimatmuseum in Wunderlichs Geburtsort Kusel übergeben. Sie enthalten Briefe von Gesangspartnern und Dirigenten.

Fritz Wunderlich, Sohn einer verarmten Musikerfamilie aus Kusel in der Pfalz, war auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als er 1966 an den Folgen eines Treppensturzes starb. "Ich war mit meiner Frau gerade im ersten gemeinsamen Urlaub auf Mallorca, als die Nachricht kam", erinnert sich Werner Jordan. Wunderlich wollte sich kurz vor seinem Debüt an der Metropolitan Opera in New York bei einem Jagdausflug erholen und von seinen Freunden verabschieden. Er stand kurz vor seinem 36. Geburtstag, als er an einem Schädelbruch starb. Seine Frau Eva blieb mit drei kleinen Kindern zurück.

Fritz Wunderlich ist nur einmal in Bonn aufgetreten. Um zu wissen wann, muss Werner Jordan nur im Ringbuch nachschauen, in dem er handschriftlich jeden Auftritt aufgelistet hat. 9. April 1964 in der Beethovenhalle, "Das Lied von der Erde" von Gustav Mahler. Fotos von dem Bonner Auftritt fehlen noch. Der Sammler war seinerzeit nicht dabei, er hat sein Idol nie live gesehen. Jordan selbst ist kein Musiker, sondern pensionierter Postbeamter. "Ich habe nicht mal im Chor gesungen", sagt der 70-Jährige. Mit den Jahren hat er sich aber ein profundes Fachwissen angeeignet.

Die erste Recherche führte Jordan damals in die städtische Musikbibliothek im Bonner Schumannhaus, dann in die Theatersammlung der Universität Köln und in die Württembergische Landesbibliothek. Jordan trug Programmzettel und Plakate, Briefe und Beschäftigungsnachweise, Kritiken und Fotos zusammen. 461 Auftritte in den Jahren 1955 bis 1966 hat er dokumentiert. Der Postbeamte hat selbst Hunderte Briefe an Opern- und Konzerthäuser, Sänger und Dirigenten verschickt, er hat um Programme und um Anekdoten gebeten.

Fritz Wunderlich war wohl auch deshalb so erfolgreich, weil sich bei ihm Talent und Ehrgeiz mit einer unbändigen Energie und Lebenslust verbanden. Jordan zeigt ein Foto, aufgenommen beim Stuttgarter Opernball 1956, wo Wunderlich den Trompeter Louis Armstrong parodierte. Ein weiterer Schatz stammt aus der Zeit unmittelbar vor dem plötzlichen Tod des Sängers. Mit Kollegen wartete er auf den Rückflug von einem Konzert in Glasgow am Flughafen, der Start wurde verschoben, die Damen froren. In einem Fotoautomaten schnitt Wunderlich Grimassen und verteilte die Bilder zur allgemeinen Erheiterung. Werner Jordan besitzt eine Kopie. "Er war ein heiterer Mensch. Diese Leichtigkeit hört man auch in seiner Musik", findet der Godesberger.

Es sind die Zufallsfunde, die den Sammler besonders begeistern. Zum Beispiel, dass Wunderlich eine Platte unter dem Pseudonym Werner S. Braun eingespielt hat, weil er gerade den Verleger wechselte, oder dass er 1963 in Lausanne mit der damals noch unbekannten Montserrat Caballé in drei Aufführungen der Zauberflöte gesungen hat.

In der Wohnung der Jordans in Plittersdorf hängen eine Tontafel mit dem Kusellied, das Wunderlich als junger Mann über seine Heimat geschrieben hat, und zwei besonders seltene Plakate. Alles andere ist in Regalen, Karteikästen und Aktenordnern gesammelt. Irgendwann will der 70-Jährige seine Sammlung ganz der Fritz-Wunderlich-Gesellschaft übergeben, in der er Mitglied ist. Im Gästebuch im Museum in Kusel sieht man, dass Wunderlich auch fast 50 Jahre nach seinem Tod noch Besucher aus der ganzen Welt anzieht. Sie zieht dasselbe an, wie einst den jungen Werner Jordan: die göttliche Stimme.

Wunderlich im Museum

In Fritz Wunderlichs Geburtsort Kusel im Südwesten von Rheinland-PfaIz hält die Fritz-Wunderlich-Gesellschaft die Erinnerung an den Sänger lebendig. Umfangreiche Informationen und einen Stadtspaziergang gibt es auf www.fritz-wunderlich-ges.com. Das Stadt- und Heimatmuseum, Marktstraße 27, in Kusel ist dienstags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet, mehr unter Telefon 06381/8222.

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