83-Jähriger muss ausziehen Pferdesalbe stach den Nachbarn in die Nase

BONN · Seit 54 Jahren wohnt der 83-Jährige in seiner Wohnung in Plittersdorf, nun muss er ausziehen, weil er der Hausgemeinschaft stinkt: Das Bonner Amtsgericht verurteilte ihn am Donnerstag zur Räumung und gab damit der Klage der 89-jährigen Vermieterin statt, die dem Mann wegen unerträglicher Geruchsbelästigung gekündigt hatte.

Vor allem die Pferdesalbe, dieder Senior regelmäßig auftrug, stach seiner Vermieterin und denübrigen Hausbewohnern unangenehm in die Nase. Allerdings muss sichder gesundheitlich angeschlagene Rentner nicht sofort eine neueBleibe suchen: Die Richterin gewährte ihm eine Räumungsfrist voneinem Jahr wegen seines hohen Alters und seiner Gebrechlichkeit.

Bereits seit Ende 2012 hängt der Hausfrieden in dem Mehrfamilienhausan der Wurzerstraße schief - weder die Vermieterin noch die übrigenHausbewohner waren gewillt, die aus der Wohnung des Seniors durchsTreppenhaus ziehenden und überall eindringenden Gerüche noch längerhinzunehmen.

Und es war vor allem besagte Salbe, mit der sich der83-Jährige ständig gegen seine Schmerzen einrieb, die von seinenNachbarn als unerträglich empfunden wurde. Die Vermieterin, dieebenfalls in dem Haus wohnt, erklärte gar, sie bekomme von demerdölartigen Geruch des Mittels Kopfschmerzen.

Und eine andereMieterin klagte über Übelkeit. Doch es war nicht allein die Salbe,die den Hausbewohnern stank, wie sie im Prozess erklärten. Einjunges Paar, das über dem 83-Jährigen wohnte und inzwischenausgezogen ist, sprach von einem süßlich modrigen Geruch und Müllauf dem Balkon des Mannes, der dazu geführt habe, dass sie ihrenBalkon praktisch nicht mehr hätten nutzen können.

Auch ein Ehepaar,das seit 2003 in dem Haus wohnte, zog im Herbst 2013 aus - wegen "ganz fürchterlichen Gestanks", wie die Ehefrau vor Gerichterklärte. Nach ausführlicher Beweiserhebung und der Einholungeines Sachverständigengutachtens steht für die Mietrichterin nunfest: Die Gerüche, die aus der Wohnung des 83-Jährigen durch dasTreppenhaus ziehen, sind "schwer erträglich" und gehen entschiedenüber das Normalmaß hinaus.

Damit ist die Kündigung berechtigt,denn, so das Urteil: "Der Beklagte hat seine vertraglichenPflichten nicht unerheblich verletzt." Und deshalb müsse erausziehen.

Ob es bei dieser Entscheidung bleibt, bleibtabzuwarten, denn eine Berufung gegen das Urteil ist möglich. Ob sieauch eingelegt wird, will Anwalt Reiner Knote, der den 83-Jährigenvertritt, nun mit seinem Mandanten besprechen. Der Rechtsanwalterklärte gegenüber dem GA, dass sich in der Zwischenzeit einigesgeändert habe: "Es riecht jetzt nicht mehr im Flur, und die Wohnungmeines Mandanten wird zwei Mal die Woche geputzt."

Außerdem wohntendie Nachbarn, die sich beklagt hätten, ja auch gar nicht mehr indem Haus. Eines stehe jedenfalls fest: Der 83-Jährige, der anfangsmit seinen Eltern in der Wohnung gelebt habe und dann 42 Jahreallein, wolle nicht in ein Altersheim. "Dafür ist er noch nichtbereit", so der Anwalt. Denn in ein Heim könne der 83-Jährige seinevielen Bücher nicht mitnehmen. "Und Lesen ist sein Leben", soKnote, der erklärte: "Wir müssen jetzt einen Weg finden, dass er inSicherheit ist."

(AZ: 201 C 334/13)

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