"Godesberg liest" Bücher, gute Tropfen und nette Nachbarn

PLITTERSDORF · Gisela Jordan hatte "einen richtig tollen Juan Ramón Jiménez" mitgebracht. "Den möchte ich heute bei diesem Treffpunkt vorstellen. Der schreibt so zart, mit so viel Einfühlungsvermögen", schwärmte die Spanien-Kennerin über den Literatur-Nobelpreisträger.

 Nachbarschaftstreffen bei Familie Lüderitz: Gemäß dem Motto haben die Nachbarn ihre Lieblingsbücher und eine Flasche Wein oder Sekt mitgebracht.

Nachbarschaftstreffen bei Familie Lüderitz: Gemäß dem Motto haben die Nachbarn ihre Lieblingsbücher und eine Flasche Wein oder Sekt mitgebracht.

Foto: Ronald Friese

Madeleine Reimer wiederum hatte Lew Tolstois "Krieg und Frieden" unterm Arm geklemmt. "Das schmökere ich alle zehn Jahre neu und bin immer wieder fasziniert", erzählte sie. Gleich würde hier in der amerikanischen Siedlung jeder der jungen und älteren Gäste Appetit auf sein Lieblingsbuch machen.

"Wir wollen einen Abend lang Literatur, Musik und unsere gute Nachbarschaft hier in der Siedlung feiern", erklärten die Veranstalter Stephanie Malmendier und Andreas Lüderitz, während in ihrem Wohnzimmer die Jugendband "Steal a Taxi" in die Gitarrensaiten griff. "Die kommen auch aus der Europastraße. Wir wollen also bei diesem neuen Format unsere Nachbarn näher kennenlernen", so Malmendier.

"Bring your Book and Bottle", also "Bring einfach dein Buch und deine Flasche mit", heißt die Idee, die das Paar im Rahmen ihrer aktuellen Veranstaltungsreihe "Godesberg liest" in der Amerikanischen Siedlung ausprobierte. "Und wir hoffen, dass dieses Format Stück für Stück weiter in Bad Godesberg übernommen wird", fügte Lüderitz hinzu, bevor er in seinem nun schon sehr gefüllten Wohnzimmer auf englisch und deutsch zum Gespräch lud.

"Wir treffen uns doch sonst nur beim Einkaufen oder auf der Wiese beim Hundeausführen", schloss er lächelnd an. Inga Zacher stand schon in den Startlöchern. Die Dame aus dem Nachbarhaus hatte zwei Afrikabücher und ihre Leidenschaft für den Schwarzen Kontinent im Gepäck. "Eine tolle Idee dieser Abend, ganz wunderbar", freuten sich Ute Schwab und Michael Hans, die zwar nicht ein Buch, aber dann doch die besondere Flasche mitgebracht hatten. Corinna Kortis-Hager nickte und stellte ihren leckeren Sekt gleich dazu.

Nike Malmendier, die 15-jährige Tochter des Hauses, erzählte vom Buch "Date me, if you can" von Manfred Theisen, aus dem sie bei der "Godesberg liest"-Veranstaltung am Sonntag auf der Godesburg vortragen wird. Es gehe um die Kunst des Datens, also des Flirtens und sich Verabredens, in allen Zeiten.

"Das läuft heute echt anders ab als früher", wusste Nike dem GA zu berichten. Neben ihr hatte Hildegard von Wicheren die neue Biografie über André Heller bereitgelegt. "So wie Heller, siehe Buchtitel, ein Feuerkopf ist, brauchen wir auch hier in Bad Godesberg mehr Feuerköpfe", erläuterte sie dem GA. So wie die Veranstalter von "Godesberg liest" sollten die Bürger noch viel mehr ihre eigenen Ideen realisieren und nicht nur auf die Aktivität der Verwaltung warten.

"Wir müssen selbst etwas auf die Beine stellen und nicht jammern, dass mit dem Umzug der Diplomaten nach Berlin die Lichter ausgeknipst wurden", so von Wicheren. Die Idee von "Bring a Book and a Bottle" finde sie genial. "Wir Bürger sollten den Raum in unserem Stadtteil wieder erschließen. Da brauchen wir viele solcher kreativen Projekte."

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