Projekt am Amos-Comenius-Gymnasium Schüler drehen Anti-Kriegsfilm

BAD GODESBERG · Hitlers Ostfront steht auf dem Feld bei Berkum. Und zwar die jämmerlichen Reste einer Front. Vier verlorene Soldaten. "Die waren aus Holz und Hunger und Erde gemacht. Aus Schneesturm und Heimweh und Barthaar", heißt es in Wolfgang Borcherts berühmter Nachkriegs-Kurzgeschichte. Und per Bildersprache auch im neusten Film "Das Borchert-Projekt" des Amos-Comenius-Gymnasiums.

 Aus Holz, Hunger und Erde gemacht: Sebastian Liczner (links) und David Moser als Soldaten.

Aus Holz, Hunger und Erde gemacht: Sebastian Liczner (links) und David Moser als Soldaten.

Foto: Ian Umlauff

Über den armseligen Gestalten im Dreck des Unterstands brüllen die Granaten. Sie beißen, wie Borchert es ausdrückt, "schwarzgiftig kläffend in den Schnee". Und dann mitten in die Kindergesichter der Soldaten auf beiden Seiten des Feldes, so dass schließlich ein abgeschossener Kopf, dem die Gesichtszüge weggefräst sind, blutig in den Schlamm kugelt.

"Fertigmachen, es geht wieder los", bellt der Hauptmann (Tobias Marg) die entsetzten, noch lebenden Jungen (Sebastian Liczner und David Moser) wieder in Stellung. Wie gelähmt folgen sie dem Befehl.

Und als sich der Nebel der Gewehrsalven wieder legt, ertönt eine zarte Kinderstimme zu den entsetzten Soldatengesichtern. "Wir sind die Kugel, wir sind selbst aber auch die Kegel", bringt sie den Film aus dem Off auf den Punkt. Auf der Kegelbahn des Krieges wird der Mensch unweigerlich beides: wehrloses Opfer wie bestialischer Täter.

Einen Kriegsfilm, ja einen Anti-Kriegsfilm aus den beiden Borchert-Kurzgeschichten "Vier Soldaten" und "Auf der Kegelbahn" zu drehen, sei für heutige, mit Gewaltvideos überfütterte Jugendliche gar nicht so einfach, erklärt Regisseur Ian Umlauff im Making-of-Teil des packenden 45-Minuten-Streifens.

Der Literaturkurs einer Zwölferstufe will das unermessliche Leid und Grauen selbst darstellen. 18 Jugendliche wollen ihren eigenen Film stemmen. Und das fertige Produkt zeigt: Vom Drehbuchschreiben über die Drehortssuche, die Ausstattung, die Spezialeffekte, die Besetzung, die Kameraführung, den Schnitt bis zur Finanzierung: Alles rund um die Zwölf-Minuten-Szenen wird zum Abenteuer.

Erst kurz vor Drehbeginn hat Lukas nämlich nach einer wochenlangen Hängepartie die Erlaubnis der zuständigen Behörde für das Berkumer Feld einholen können. Markus beherrscht nun endlich die Luftdruckkanone, die für die Gewehrattrappen aus dem Museum Explosionen simulieren sollen.

Jetzt kann Carolin, die laut Film anfangs überhaupt "keinen Peil" hatte, sogar im Schlamm die Handkamera bedienen. Egal, dass die Stahlhelme aus dem Museum mit der Post noch nicht da sind. Denn Viktor ist es gelungen, die Schulstiftung zu überzeugen, einen dringend nötigen Finanzzuschuss zu ergattern. Spenden hat das Team schon eingetrieben, eine Unterstufenparty organisiert. Und jetzt kann es also wirklich losgehen.

"Ihr Bolschewikensäue, wir bringen Euch alle um", schreit der vor Schmerz verrückte Jungsoldat rüber zu den anderen Kindern in Uniform, auf die er sein Gewehr gleich richten wird. Seinem Freund klappern vor Angst nur noch die Glieder, denn die Einschläge kommen immer näher. "Das Holz ihrer verlorenen Gesichter stand starrkantig", beschreibt Wolfgang Borchert die Szene. Nach dem Riesenknall wird Ruhe einkehren. Die Ostfront auf dem Feld bei Berkum ist gefallen.

Die DVD des Literaturkurses "Das Borchert Projekt" ist für fünf Euro beim Amos-Comenius-Gymnasium zu erhalten. Kontakt unter Telefon 0228/95 34 10 oder E-Mail an produktion@grand-slam-film.de.

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