Ulla Hahn liest in Muffendorf Mit leiser Stimme und melodischer Intonation

MUFFENDORF · Das Fußballfieber konnte am Donnerstagabend der Anziehungskraft von Ulla Hahn kaum Abbruch tun. Und doch begleitete das Deutschland-Spiel noch ein Stück weit die Lesung in der voll besetzten Kirche Alt St. Martin. Gleich zu Beginn verkündete Ulla Hahn den Spielstand und las ein mitreißendes Gedicht über die schönste Nebensache der Welt vor.

Nach einer musikalischen, sehr einfühlsamen Einstimmung durch Brigitte Molt (Flöte) und Valentin Alexandru (Viola), führte Professorin Birgit Lermen sachkundig in die Lyrik von Ulla Hahn ein, "einer Meisterin des Liebesgedichts", wie sie sie nannte. Mit ihrem ersten Gedichtband "Herz über Kopf" (1981), der die uneingeschränkte Bewunderung von Marcel Reich-Ranicki erfuhr, wurde sie über Nacht berühmt. Bereits nach drei Jahren erreichte der Band schon eine für lyrische Werke märchenhafte Auflage von 35000 Exemplaren.

Ulla Hahn las sowohl leichte und unterhaltsame wie auch tiefsinnige und ergreifende Gedichte vor, wie eines über den Vater: sein Leben als Sohn einer großen, ärmlichen Familie, als Soldat, als Arbeiter, über seine spätere Entwicklung und die schwierige Beziehung zur Tochter. Die Frage "Was sagt uns dieses Gedicht" sei falsch, erklärte sie.

Richtig sei die Frage "Was sagt mir dieses Gedicht". Im zweiten Teil der Lesung stand die Prosa der gebürtigen Monheimerin im Vordergrund: Autobiografisch geprägte Romane, im Rheinland beheimatet und deren Hauptfiguren Frauen sind, die gegen die geistige Enge eines katholisch geprägten nachkriegszeitlichen Kleinbürgertums aufbegehren. Mit leiser Stimme und melodischer Intonation las sie aus ihrem Bestseller "Das verborgene Wort" (2001) einen Dialog in kölschem Dialekt vor: Der eher unwichtige Kauf einer Puppe wird durch die Verbindung von Mundart, Inhalt und Stimme zu einem Hörhochgenuss.

Dieses ist ihr zweiter großer Roman, für den sie 2006/2007 den Deutschen Buchpreis erhielt, und der erste Band einer Trilogie, dem 2009 "Aufbruch" folgte und dessen Abschlussband für September mit dem Titel "Spiel der Zeit" angekündigt ist: Ein Entwicklungsroman, der den Weg einer jungen, zur Ehefrau, Mutter und Kirchgängerin bestimmten Frau zu einem selbstbestimmten und durch Bildung befreiten Leben beschreibt.

Zu dieser leisen, doch hochkarätigen Lesung lud die Katholische Kirchengemeinde St. Martin und Severin gemeinsam mit dem Katholischen Bildungswerk Bonn im Rahmen der Reihe "Literatur in Alt St. Martin" ein.

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