Muffendorferin hat Hobby zum Beruf gemacht Frau Müller spinnt

MUFFENDORF · Man kennt sie aus vielen Märchen: Spinnrad und Spindel. Doch die wenigsten wissen heute noch, wie man sie benutzt. Chantal-Manou Müller ist Handspinnerin und gibt ihr Erfahrung gern an andere weiter.

 Erweckt eine alte Handwerkskunst zu neuem Leben: Handspinnerin Chantal-Manou Müller.

Erweckt eine alte Handwerkskunst zu neuem Leben: Handspinnerin Chantal-Manou Müller.

Foto: Martina Sondermann

Die gelernte Reiseverkehrskauffrau kam zum Spinnen, als sie beim Stricken für ihre beiden Kinder feststellte, dass gute Wolle sehr teuer ist: "Da kam die Frage auf: Kann ich das nicht selber machen?" So begann ihre Leidenschaft für die alte Handwerkskunst.

"Selbst spinnen gibt mir die Möglichkeit, genau das Garn herzustellen, das ich haben möchte", erklärt die 31-Jährige, "das heißt aus den Fasern und in der Stärke, die ich brauche." Neben den unterschiedlichen Fasereigenschaften spielt auch die Spinntechnik eine große Rolle. "Ich kann ein haltbareres oder auch ein luftigeres Garn spinnen."

Die Materialkosten sind vergleichbar mit denen kommerzieller Garne. Was das Ganze teuer macht, sind die Arbeitsstunden: "Man braucht für ein durchschnittliches Garn etwa 20 Stunden für Spinnen, Verzwirnen, Waschen etc." Aus diesem Grund kosten handgesponnene und -gefärbte Garne auf dem Markt fast doppelt so viel wie maschinell hergestellte.

"Rohe Schafwolle ist viel günstiger als ein ordentliches Garn in einem Fachgeschäft", betont Müller. "Und zum Spinnen reicht eine selbstgebaute Handspindel." Ein Spinnrad kostet je nach Qualität und Ausstattung etwa 300 bis 1200 Euro.

Als Autodidaktin musste Müller auf englische Video-Anleitungen zurückgreifen, da es keine Tutorials in deutscher Sprache gab. 2011 stellte sie ihre erste eigene Anleitung bei YouTube ein, der schnell weitere folgten. Zur Faszination des Spinnens kam die Leidenschaft für das Videodrehen und -schneiden. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Müller noch als Bürokauffrau.

Ein Jahr später gab sie ihren ersten Kurs, organisierte ein Strick-Festival in Bonn und ging mit ihrer eigenen Webseite online: "Danach wurde mir klar, dass ich nicht mehr im Büro arbeiten möchte." Anfang 2013 kündigte sie ihren Job und machte das Spinnen zu ihrer Profession. Dabei wurde sie voll und ganz von ihrer Frau unterstützt: "Sie fand es großartig, dass ich etwas habe, was ich mit so viel Leidenschaft tue und tun möchte."

Das Geschäft lief gut, dennoch war die passionierte Handspinnerin nicht zufrieden: "Ich merkte irgendwann, dass ich auf der Stelle trat." Sie änderte ihr Konzept und verkaufte keine selbstgefärbte Wolle mehr, sondern nur noch Materialien. "Meine Intention war es, das Handwerk weiterzutragen und das zu tun, was ich kann, nämlich: Unterrichten."

Seitdem gibt sie Kurse, dreht Videos und bietet auf Woll-Festivals Workshops an. Zuhause arbeiten zu können, empfindet Müller als Bonus: "So bekomme ich mehr von meinen Kindern mit und sie von mir." Sie schreibt Blogbeiträge über ihren Alltag, will eine positive Lebenseinstellung vermitteln und für mehr Toleranz werben: "Ich versuche, die Menschen zu animieren, freundlich und respektvoll miteinander umzugehen."

Chantal-Manou Müller hat auf jeden Fall ihre Passion gefunden: "Ich hoffe, dass ich das die nächsten 50 Jahre machen werde und dass ich immer noch dazulerne." Im Januar erscheint ihr erstes Fachbuch über das Spinnen mit der Handspindel.

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