Der Tag nach der Flut Gestern guter Hausrat, heute Sperrmüll

BAD GODESBERG · Ob in Mehlem, Lannesdorf oder Niederbachem: Entlang des Mehlemer Bachs ist am Tag nach der Flut überall dieselbe Frage zu hören: Haben die Behörden aus der Erfahrung des Hochwassers drei Jahre zuvor die richtigen Konsequenzen gezogen, und wurde auch danach gehandelt? Die Debatten darüber werden gewiss zu führen sein. Doch wie gleichzeitig in Rüngsdorf, auf dem Heiderhof und im Aennchenviertel dauern am Freitag erst einmal die Aufräumarbeiten an.

 Durchnässt und nicht mehr zu gebrauchen: Entlang der Mainzer Straße türmt sich der Sperrmüll vor vielen Häusern.

Durchnässt und nicht mehr zu gebrauchen: Entlang der Mainzer Straße türmt sich der Sperrmüll vor vielen Häusern.

Foto: Rüdiger Franz

Die haben in Mehlem die ganze Nacht lang gedauert und sind auch 24 Stunden nach dem Einbruch der Wassermassen in Keller, Geschäfte, Wohnungen und Gärten allenfalls grob beseitigt. Zusehends häuft sich gestern Mittag am Straßenrand der Hausrat, der binnen Minuten zu Sperrmüll geworden ist. Dazwischen liegen dicke Baumstämme auf dem Gehweg, die der Bach in den Ortskern getragen hat. Viele Häuser sind noch immer ohne Strom, aus manchen Gebäuden dringt der Geruch von Heizöl.

Vielen Menschen steht Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Geschäftsleute berichten von der bedrohten Existenz, Familien von geplatzten Urlaubsplänen. Am schwersten traf es erneut die Anlieger der Mainzer Straße in Nähe des Mehlemer Bachs. Dessen Fluten sind am Donnerstag ähnlich wie schon am 3. Juli 2010 über die Ufer getreten und haben sich über die Mainzer Straße in die Häuser und auf die tiefer liegenden Grundstücke in Richtung Rhein gedrängt.

Neben den Aufräumarbeiten gehört der Tag danach auch der Manöverkritik. "Die Helfer von Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Stadtwerke haben die ganze Nacht lang alles gegeben", lobt ein Anwohner, kritisiert jedoch die Art der Koordinierung: "Mir schien eine Art Leitstelle zu fehlen, bei der alle Fäden zusammenlaufen", erzählt er Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Bezirksbürgermeisterin Annette Schwolen-Flümann, die sich am Mittag ein Bild von der Situation in Mehlem machen.

Dort mischen sich Freude über die Anteilnahme mit Kritik an den Behörden. "Wir müssen hier selbst den Verkehr regeln, warum ist die Straße nicht gesperrt worden?", schimpft ein Anlieger, was den OB spontan zum Telefon greifen lässt. Andere wollen wissen, wann endlich der Strom wieder angeschaltet wird. Michael Netsch (27) berichtet kopfschüttelnd: "Ich musste heute morgen für 160 Euro mein Auto auslösen, das ich gestern in meiner Not auf dem Marktplatz abgestellt hatte. Heute morgen wurde es abgeschleppt - weil Wochenmarkt ist. Wer geht denn jetzt auf den Markt?".

Tatsächlich liegen in Mehlem normaler Alltag und schiere Not teilweise nur eine Hauswand auseinander. Eine Anwohnerin der Mainzer Straße hat erst vor einer Woche eine neue Küche geliefert bekommen und diese im Keller zwischengelagert. Nun ist sie ein Totalschaden. Während bei manchem der Hausrat in einer 30 Zentimeter dicken Schlammschicht versinkt, haben andere "nur" Regenwasser im Keller.

Am Zufluss des Mehlemer Bachs, wo vor drei Jahren ein Teil der Rheinpromenade weggespült worden war, hat die Kanaleinfassung diesmal gehalten. Angesichts der Situation schärfen die Politiker die Klingen. Vertreter mehrerer Parteien stellen Anfragen und Anträge zum Thema in Aussicht. Jürgen Nimptsch kündigt vor Ort an, mit Hilfe der Kommunalaufsicht auf die Gemeinde Wachtberg einwirken zu wollen, wirksamen Hochwasserschutz zu schaffen, und die Hochwassermanagementkarten für den Bach schneller fertigen zu lassen. Postwendend weist Wachtbergs Bürgermeister Theo Hüffel die Kritik aus Bonn zurück: „ Wir sind allen Absprachen mit den Aufsichtsbehörden nachgekommen“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Zahl der Gewalttaten ist in
So kriminell ist Bad Godesberg
Kriminalstatistik der PolizeiSo kriminell ist Bad Godesberg
Zum Thema
Aus dem Ressort