Ermordung des jüdischen Metzgers Josef Levy Die Todesursache liegt immer noch im Dunkeln

MEHLEM · Die Ermordung des jüdischen Metzgers Josef Levy bewegt auch 80 Jahre später die Leser des General-Anzeigers. Nach dem Bericht auf unserer Bonner-Chronik-Seite am 4. Juni meldeten sich einige Bürger mit bestätigenden Worten und mit weiteren Informationen.

 Josef Levy mit Familie und Angestellten vor seinem Geschäft in seinem offenen, vermutlich gerade erworbenen Automobil. Das Foto entstand nach Schätzungen des Stadtarchivs in den 20er Jahren.

Josef Levy mit Familie und Angestellten vor seinem Geschäft in seinem offenen, vermutlich gerade erworbenen Automobil. Das Foto entstand nach Schätzungen des Stadtarchivs in den 20er Jahren.

Foto: Stadtarchiv Bonn

Dietrich Glauner aus Bornheim-Walberberg schickte dem GA einen Auszug der Tagebuch-Aufzeichnungen seines Großvaters, der damals zu den Zeitzeugen gehörte.

So berichtet unser Leser, dass sein Großvater - der ebenfalls den Namen Dietrich Glauner trug - 30 Jahre lang Bürgermeistereiverordneter in der selbstständigen Gemeinde Mehlem war und als überzeugtes Mitglied der Zentrumspartei immer wieder Schwierigkeiten mit den Nazis bekam. Das ging sogar so weit, dass Glauner im Winter 1944/1945 beinahe von der Gestapo in seiner Wohnung verhaftet und "außer Haus genommen" worden wäre, wenn nicht Dr. Wald aus Mehlem den alten Mann für transportunfähig erklärt und so vor dem sicheren Tod gerettet hätte.

Dieser Dr. Wald spielte auch im Juni 1935 eine bedeutende Rolle dabei, dass die Ermordung des jüdischen Metzgers eben nicht als Freitod beurkundet wurde, wie es die Nazis gerne gehabt hätten. Denn es gab Zweifel daran, dass der von 50 SA-Männern gehetzte Jupp Levy sich aus Angst selbst mit Gas vergiftete.

So schrieb Dietrich Glauner am 5. Juli 1935 in sein Tagebuch: "Zu dem Tode von Levy ist noch zu sagen, daß die Todesursache doch noch im Dunkeln ist." Dem Arzt Dr. Wald aus Mehlem verlangte man ab, er solle die Todesursache auf dem Totenschein als Freitod angeben, notierte Glauner. "Dr. Wald hat sich, wie er mir selbst sagte, dessen geweigert, da dieses nicht sicher festgestellt sei, zudem der Mann, wenn er sich durch Gas vergiftet hätte, in den Tod gehetzt und nicht freiwillig gestorben sei."

Levys Mitarbeiter fanden ihren Chef erst am Tag nach den Angriffen "in einem kleinen Raum neben der Wurstküche in den letzten Zügen". Wiederbelebungsversuche waren erfolglos, schrieb Dietrich Glauner am Ende des Tagebucheintrags vom 18. Juni 1935 mit dem Motto "Wolfszeit!".

Wer sich öffentlich für Juden einsetzte oder auch nur Mitgefühl zeigte, hatte die Rache der Nazis zu fürchten. So notierte Dietrich Glauner im Tagebucheintrag vom 5. Juli 1935: "In Godesberg sind öffentlich ausgehangen die Namen von 10 Mehlemer Bürgern, welche den Levy mit begraben sind gegangen, m e i n Name ist auch dabei, darunter steht: 'Volksgenossen, merkt sie euch.' Diese zehn hat man aus den vielen anderen herausgesucht." Glauner musste vorsichtig sein: "Von nationalsozialistischer Seite bin ich gewarnt worden, mich nur zu ja keiner Äußerung hinreißen zu lassen, da man nur auf eine Handhabe warte, um gegen mich vorgehen zu können."

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