Pädagogisch-Theologisches Institut Auftakt zu einer überregionalen Straßen-Strick-Aktion für Vielfalt und Inklusion

HEIDERHOF · Jennifer Reitz nimmt mit ihren Stricknadeln Masche um Masche für einen Schal auf. Rosa soll er werden und Teil eines landesweiten Projekts, das am Mittwoch im Pädagogisch-Theologischen Institut (PTI) der Evangelischen Kirche im Rheinland gestartet wurde.

"Der Anfang war schwer, aber jetzt komme ich in Schwung", sagt die 21-Jährige aus einer Behinderteneinrichtung in Pützchen und lacht. Am Tisch der Arbeitsgruppe wird genickt.

Die Zwillinge Esther und Sophie Knobloch häkeln um die Wette. Die Zwölfjährigen sind mit ihrer Mutter, die in der Behindertenarbeit in der Pfalz tätig ist, angereist. Schon richtige Lappen hängen an ihren Nadeln. "Unsere Mutter hat uns gezeigt, dass es ganz normal ist, mit Behinderten zusammen zu sein. Aber bei dieser Aktion können das auch Menschen lernen, die sich damit noch schwertun", meint Esther und häkelt flüssig weiter.

Das Projekt, zu dessen Auftakt noch bis Freitag 60 Frauen und Männer mit und ohne Handicap im PTI zusammengekommen sind, heißt "Wir WOLLEn Vielfalt". "Wolle und Wollen haben also bei uns ganz viel miteinander zu tun", erläutert Projektleiterin Sabine Ahrens, Pfarrerin des Arbeitsbereichs Integrative Gemeindearbeit am PTI. "Wir wollen in einer überregionalen Straßen-Strick-Aktion für Vielfalt und Inklusion in Gesellschaft und Kirche werben. Je mehr Menschen unseren Faden aufnehmen, desto besser", sagte Ahrens. Es handele sich um ein offenes Mitmach-Projekt, das auf zwei Jahre angelegt sei und zu dem sich jedermann mit handgearbeiteten Wollwerken melden könne.

"Wer Interesse hat, bekommt bei uns Wäschebänder, um eigene Straßenstrick-Arbeiten als Teil der Aktion zu labeln", so Ahrens. Die Trägerschaft liegt auch bei der Behindertenarbeit im Evangelischen Kirchenkreis An Sieg und Rhein und bei der Integrativen Gemeindearbeit im Evangelischen Kirchenkreis Gladbach-Neuss. Die selbst gemachten Wollwerke, die während des PTI- Workshops und danach bei landeskirchlichen Aktionen gefertigt würden, sollten im Anschluss einen Platz an den Wohnorten der Projektteilnehmer bekommen, so Ahrens. "Unsere Strick- und Häkelaktion, innerhalb derer Behinderte und nicht Behinderte ihre Fähigkeiten ganz selbstverständlich Seite an Seite üben, soll sich im Schnellballsystem fortsetzen."

Die fertigen Produkte sollten Treppengeländer, Türgriffe oder Sitzbänke schmücken. "Sie werden zu Blickfängern im öffentlichen Raum." Überraschend, persönlich, vielfältig und ungeschützt sollten sie für eine offene Willkommenskultur in Kirche und Gesellschaft werben, sagt Ahrens.

"Es geht uns um die Wertschätzung von Vielfalt. Sie sind Wegmarken für die Verbundenheit von Menschen mit und ohne Behinderung." Die ist an den PTI-Tischen sowie bei den parallelen Tanz- und Meditationsangeboten längst selbstverständlich. Der Essener Rollstuhlfahrer Benjamin Sedding arbeitet emsig mit Gruppenleiterin Milena Eiecke zusammen. Seine Rolli-Kollegin Andrea Henke und Katharina Rox, Mitarbeiterin im betreuten Wohnen in Düsseldorf, schauen sich voneinander die tollsten Tricks beim Wollwerken ab. "Jeder kann seins, zusammen sind wir stark."

Arbeitsbereich Integrative Gemeindearbeit im PTI, E-Mail: ahrens.pti@hdb.ekir.de

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