Godesberger Altstadt Vom "Aennchen" zur "Alten Apotheke"

BAD GODESBERG · Es war die Feuertaufe für zehn neue Stadtführer des Vereins "StattReisen Bonn". Am Sonntagnachmittag präsentierten sie etwa 20 Neugierigen auf einer Tour durch den Stadtteil die Früchte ihrer Arbeit.

 Das Traditionslokal "Aennchen" ist bei einer Altstadtführung in Bad Godesberg ein Muss.

Das Traditionslokal "Aennchen" ist bei einer Altstadtführung in Bad Godesberg ein Muss.

Foto: Ronald Friese

Ihre Qualifikation hatten sie sich zuvor in Kursen des Bildungswerks für Friedensarbeit Bonn erarbeitet. Bei Ausflügen ins Stadtarchiv, Interviews und Vor-Ort-Recherchen haben sie sich Wissen über die Historie und aktuelle Situation der Bad Godesberger Altstadt angeeignet.

Zehn Stadtführer bedeuteten zehn Stationen, angefangen am Theaterplatz über den Moltkeplatz bis hin zum Restaurant "Zur Lindenwirtin", in Gedenken an seine ehemalige Wirtin auch "Aennchen" genannt. Von Steffanie Orbeck erfuhren die Besucher allerhand über das Haus und seine weithin bekannte Wirtin. Mit gerade 18 Jahren übernahm sie 1878 nach dem Tod ihres Vaters dessen Gasthof. Schnell avancierte er zu einem der beliebtesten Studententreffpunkte Deutschlands - bis zu 400 Studenten kehrten hier pro Abend ein. Auch ein Ausflug in die Vergangenheit der jüdischen Gemeinde stand auf dem Programm. In der Oststraße erinnert heute nur noch eine Gedenktafel an die ehemalige Synagoge, die in der Reichspogromnacht 1938 dort niedergebrannt wurde.

Mit dem Medizintourismus kam vor der "Alten Apotheke" in der Koblenzerstraße ein ganz aktuelles Thema zur Sprache. Stadtführerin Shirin Mallah hatte sich dazu mit Ärzten, Taxifahrern, Apothekern sowie Haus- und Ladenbesitzern unterhalten. Bis zu vier Angehörige dürften die Patienten mitnehmen, jeder erhalte von seiner heimischen Regierung aus dem arabischen Raum Geld - bis zu 400 Euro am Tag. Gerechnet auf die durchschnittliche Länge des Aufenthalts stünden den Familien damit zirka 170.000 Euro zur Verfügung. Abzüglich Miete und Behandlungskosten blieben den Familien rund 35 000 Euro. Doch es scheint, als würden sie diese statt in Bad Godesberg lieber in Großstädten wie Düsseldorf und Köln ausgeben.

Die "Alte Apotheke" sei ein gutes Beispiel für gelungene Integration, so Mallah. Dort spreche man die Sprachen der Einwanderer in Godesberg wie Arabisch, Spanisch und Russisch. Ein Negativbeispiel hätte sich hingegen auf einer Tour vor vier Wochen gezeigt. Zwei Jugendliche hätten die Gruppe mehrfach gestört, doch auf die Bitte zu gehen sollen sie "Halt den Mund, wir haben Godesberg gekauft" erwidert haben. "Multikulti ist ein Geben und Nehmen", sagte Mallah. Wenn nur eine Seite gebe, könne es nicht funktionieren.

Die Altstadt-Tour findet wieder am 26. September und 24. Oktober statt. Die Tickets kosten acht Euro, ermäßigt sechs. Einzeltickets und Gruppentouren können unter stattreisen-bonn.de gebucht werden.

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