Medizintourismus in Bad Godesberg Stadt stellt in Berlin Aktionsplan vor

Bad Godesberg/Berlin · Wenn die Bezirksbürgermeisterin von Bad Godesberg in Berlin vor die Bundespressekonferenz tritt, wird das einen Grund haben. Was Simone Stein-Lücke am Dienstag am Schiffbauerdamm präsentierte, soll denn auch Modellcharakter für ganz Deutschland haben: Es geht um das Thema Medizintourismus.

 In Berlin präsentierten Erich Limpens, Simone Stein-Lücke und Bernhard von Grünberg (v.links) gestern den Aktionsplan.

In Berlin präsentierten Erich Limpens, Simone Stein-Lücke und Bernhard von Grünberg (v.links) gestern den Aktionsplan.

Foto: Stefan Krause

Das weckt angesichts mannigfacher Schwierigkeiten bekanntlich eher Negativassoziationen mit Bad Godesberg.

Die Klagen, so berichtet Stein-Lücke, seien ihr aus ihren Sprechstunden hinlänglich bekannt und müssten ernst genommen werden. Statt der Töne des Niedergangs, so wünscht es sich Stein-Lücke, soll von ihrem Stadtbezirk künftig eine Aufbruchstimmung ausgehen. Damit auch alles seine Richtigkeit hat, muss die Bezirksvertretung die 300 Euro teure Dienstreise nach Berlin am nächsten Mittwoch noch per Dringlichkeitsentscheidung im Nachhinein genehmigen.

Gemeinsam mit Bernhard von Grünberg als Vorsitzendem des Deutschen Mieterbundes NRW und Professor Dr. Erich Limpens von der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung stellte Stein-Lücke einen Aktionsplan vor, mit dem der Medizintourismus als Wirtschaftsfaktor mit den Bedürfnissen der Patienten, vor allem aber auch der Einheimischen in Einklang gebracht werden soll. "Große Herausforderungen für die betroffenen Kommunen stellt die Unterbringung der Begleitpersonen der Auslandspatienten dar", sagt Stein-Lücke. Für Bonn beziffert sie die Zahl der Medizintouristen auf 1000 pro Jahr - von diesen seien 120 Patienten und der Rest Begleitpersonen. Der Bedarf an Wohnraum ist groß.

Hilfe zur systematischen Strukturierung

Dass dies eine Schattenwirtschaft hervorruft, die teilweise mit Wucherpreisen aufwartet, ist inzwischen bekannt: Von 6000 Euro oder auch mehr, die für eine 60-Quadratmeter-Wohnung verlangt würden, berichtete Stein-Lücke.

"Mit dem Bad Godesberger Aktionsplan möchten wir zu einer systematischen Strukturierung verhelfen und Potenziale in ganz Deutschland ausbauen. Wohnungen dürfen nicht ohne gewerbliche Deklaration und steuerrechtliche Anmeldung vermietet werden - und das muss auch für Vermietungsplattformen im Internet wie Airbnb gelten", sagte die Bezirksbürgermeisterin. Zwar habe man eine Zweckentfremdungsordnung eingeführt, die das regelmäßige Vermieten von Wohnraum an Medizintouristen genehmigungspflichtig macht. Das allein reiche aber nicht aus.

"Wir müssen den allgemeinen Wohnungsmarkt entlasten und spezielle Hotels und Boarding-Häuser (Beherbergungsbetriebe, die Zimmer oder Apartments mit hotelähnlichen Leistungen vermieten, Anm. d. Red.) einrichten, die den Bedürfnissen der Medizintouristen eher entsprechen", sagt die Politikerin, die den Graumarkt auf diese Weise "auszutrocknen" gedenkt. Weitere Bausteine des Aktionsplans sind die Integration der Kliniken, die Berücksichtigung kultureller Besonderheiten, die Betreuung von Begleitpersonen und die Verantwortung für die Anwohner.

Unter denen ist zuletzt gerade in Bad Godesberg der Unmut erheblich gewachsen. Ein Ärgernis, das viele Bürger auch mit dem Medizintourismus verbinden, ist die zunehmende Zahl voll verschleierter Frauen im öffentlichen Straßenbild. Der Forderung ihrer CDU-Parteifreundin Julia Klöckner nach einem Burka-Verbot in Deutschland widerspricht Stein-Lücke ausdrücklich nicht: "Die Burka widerspricht unserem Verständnis von Miteinander und Partizipation", sagt sie. Gleichwohl sei dies ein Thema, das auf Bundesebene angesiedelt sein müsse.

Man wolle den ausländischen Gesundheitstouristen Hilfestellungen geben, "die Komplexität der Wohnungsanmietung zu verstehen und die üblichen aus einem Mietvertrag resultierenden Rechte als auch Pflichten kennenzulernen", erklärte Erich Limpens. Zudem sollen mittels des Leitfadens Ansatzpunkte aufgezeigt werden, unangemessen hohe Mietpreise sowie nicht gesetzeskonforme Vertragsbestanteile frühzeitig zu erkennen. Jetzt sollen sich in einem strukturierten System all jene Regionen vernetzen, in denen der Medizintourismus eine Schlüsselrolle einnimmt. Im Gegenzug soll der Bad Godesberger Aktionsplan dann auch von Erfahrungen in anderen Städten profitieren.

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