Godesberger Originale: Norfried Baum Mit Rock'n'Roll fing alles an

BAD GODESBERG · Doch, beruhigt Norfried Baum einen Kunden am Telefon, das bestellte Mischpult werde in den nächsten Tagen geliefert. "Aber wenn es eilig ist, können wir Ihnen vorher auch eins leihen." Das sei doch ein selbstverständlicher Service seines Fachgeschäfts, erläutert Baum, nachdem der Kunde zufrieden aufgelegt hat.

 Norfried Baum verkauft nicht nur Gitarren, er kann sie auch spielen.

Norfried Baum verkauft nicht nur Gitarren, er kann sie auch spielen.

Foto: Ronald Friese

Seit 1975 betreibt dieses Godesberger Original "Musik Baum" in der Plittersdorfer Straße 9. Jahrgang 1958 ist der Chef, der damals hier an der Godesberger Eisenbahnschranke mit seiner Mutter ins Musikgeschäft eingestiegen war. "Da gab es noch Läden wie Eisenwaren Sonntag", erinnert sich Baum. Von der Mutter habe er wohl auch die Leidenschaft für Musik geerbt, blickt Norfried Baum zurück. Die Mutter war Klavierlehrerin und Organistin in einer Königswinterer evangelischen Kirche.

"Und dann hatte ich natürlich schon als Kind von meinen Brüdern Platten von Little Richard", schmunzelt Baum. Mit klassischer Musik sollte sein Lebensweg also nicht weitergehen.

Der in Bochum geborene Junge, der mit der Familie erst in Ratzeburg lebte, bevor sie ins Rheinland nach Bad Bodendorf umzog, fand also bald seine Liebe zu modernen Rhythmen. "In der Schule in Remagen habe ich meine erste Band gegründet. Mit Rock'n'Roll natürlich", kommt lachend hinterher.

Vor ein paar Jahren zog es den Jungstar von damals mit seiner heutigen Band zurück zu den Wurzeln. Gut 100 Fans des schweren, melodiösen Blues jubelten Norfried "Bill" Baum und Kumpel Michael "Mike" Becher mit den Kollegen der Band "Baum's Bluesbenders" im Alten Jugendheim in Remagen begeistert zu. Vom Rock'n'Roll ist der Mann, dessen Herz den expressiven Gitarrensounds gehört, so die Band-Homepage, also inzwischen zum Blues gewechselt. "Vorbilder wie BB, Albert und Freddie King, Albert Collins, Joe Louis Walker, Buddy Guy oder Hollywood Fats haben mich stark beeinflusst", sagt er.

Und aus "Norfried" ist auf der Bühne "Bill" geworden. Seine Bandkollegen hätten ihm den "Bill" verpasst, sagt Baum grinsend. Die hätten nach einem berühmten Rock-'n'-Roll-Musiker mit dem für ihren Freund typischen Haaransatz gesucht. "Und da sind sie auf Bill Haley gekommen." Inzwischen laufen einige Kundengespräche im Geschäft. Musiklehrer suchen nach Notenheften. Ein Mädchen steht staunend vor der Galerie von sicher zwei Dutzend Gitarren. "Wir haben seit vielen Jahren Stammkundschaft aus dem ganzen Umkreis", berichtet Baum. Zwei Mitarbeiter und mehrere Aushilfen beschäftigt er in seinem Laden. "Das heißt aber auch: Als Selbstständiger habe ich eine 60- bis 80-Stunden-Woche."

Ein wichtiges Standbein sei seit 13 Jahren auch der Internethandel. "Wer da nicht mitmacht, geht kaputt", erläutert Baum. Ein Mikrofon nach Großbritannien, ein Percussion-Set nach Frankreich: das seien die aktuellsten Bestellungen. "Es ist irgendwie jeck, aber wir liefern auch Noten ein paar Blocks weiter in die Augustastraße oder ein Instrument nach Beuel." Baum lacht. Absurde Welt. Aber er freue sich natürlich auch über jeden Online-Kunden.

Und wie entwickle sich Bad Godesberg? "Ach, das war immer ein Dorf. Aber eins, das auch immer tolerant und weltoffen war", kommt als Antwort. In Hauptstadtzeiten habe er natürlich auch die Botschaften als Käufer gehabt. Heute käme ebenfalls internationale Kundschaft. "Mein Standort hier an der B 9 ist weiterhin gut. Hier sind wir stark."

Ja, er freue sich zum Beispiel über den netten syrischen Gemüsehändler und den Schneider nebenan, fügt Baum hinzu. Und er bewundere den Gründergeist gerade dieser nicht-deutschen kleinen Geschäftsleute. "Von denen legt sich keiner in die soziale Hängematte, wie es ja so schnell heißt." Was er nicht möge, das seien die diffusen Ängste einiger Godesberger. Schluss mit lustig sei für ihn natürlich, wenn seine oder andere Fensterscheiben in der Straße eingeschlagen würden, wie schon geschehen. Aber wenn sich die Mitbürger ans Grundgesetz hielten, sei doch alles in Ordnung, meint Baum und zeigt auf den neusten Auftrag: "Die philippinische Kirchengemeinde bestellt, glaube ich, schon seit 40 Jahren bei mir." Eine Großzahl an Bonner Schulen gehören zu seinen Kunden, viele Kindergärten und zahlreiche Musikgruppen.

Und was macht der verheiratete Norfried Baum, wenn er mal nicht auch am Wochenende zu Händlertreffen unterwegs ist oder mit seiner Band, den Bluesbenders, auf der Bühne steht? Dann schnallt er sich die Wanderstiefel an, antwortet er spontan. Die Siebengebirgs-Wanderfibel habe er längst durch. "Es gibt bei uns in der Umgebung wirklich wunderschöne Traumpfade." Oder er ziehe sich in sein Heimstudio zurück. Und dann greift er in die Saiten.

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