Wie viel "Bad" steckt noch in Bad Godesberg ? Mehr als der Glanz vergangener Zeiten

BAD GODESBERG · "Bad" - das klingt nach Wasser, Wellness und Kurgästen, die in Kneippbädern waten. Oder nach feiner Gesellschaft, die in Lustgärten umherwandelt und Kurkonzerte genießt. Vor fast 90 Jahren hat Godesberg das Prädikat "Bad" verliehen bekommen und ist stolz darauf.

 GA-Praktikantin Andelka Krisanovic im Trinkpavillon. FOTO: KÖHL

GA-Praktikantin Andelka Krisanovic im Trinkpavillon. FOTO: KÖHL

Foto: Köhl

"Dass wir nur noch Godesberg heißen, wäre unvorstellbar," sagt Martin Ammermüller, Vorsitzender des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte. Doch ist der Name auch Programm? Wenn es so etwas wie eine Kursaison in Bad Godesberg gibt, wird sie im Mai eingeläutet. Dann beginnen die Kurkonzerte im Bad Godesberger Stadtpark. Dort, wo früher die Militärkapelle von Bonn musizierte, treten heute Orchester mit Marsch- und Blasmusik auf. "Unsere Terrasse ist dann immer voll", sagt Monika Weiermann von der Stadthalle Bad Godesberg. Ab Mai öffne auch der Trinkpavillon der Kurfürstenquelle an der Stadthalle wieder, sagt sie.

Bad Godesberg ist für die heilende Wirkung seiner beiden Quellen, der Draitsch- und der Kurfürstenquelle, bekannt. Wasser aus beiden Quellen wird im Trinkpavillon an der Brunnenallee abgefüllt. Für Brunnenmeister Helmut Fiehl eine Herzensangelegenheit: "Reich werden werde ich mit dem Wasserverkauf nicht." Aber etwas hinterlassen wolle er. Den Trinkpavillon an der Brunnenallee 33 hat der 76-Jährige selbst gebaut. An einem guten Tag gehen schon mal 600 Liter der beiden Quellen über die Theke. "Prickelnd, wie Champagner," soll die Draitschquelle laut alten Aufzeichnungen sein. "Sie schmeckt ziemlich eisenhaltig", sagt eine Besucherin und lässt zwei Flaschen füllen. "Bei meinem Eisenmangel genau das Richtige."

Die Heilwirkung der beiden lokalen Quellen müsste sich herumgesprochen haben. Doch selbst für Ortsansässige sei das Mineralwasser neu, sagt Martin Ammermüller. "Manche Bad Godesberger fragen, ob es an der Draitschquelle auch wirklich Wasser zu kaufen gibt." Dabei habe schon der englische Hof das Godesberger Wasser zu schätzen gewusst.

Auch der Kölner Kurfürst Max Franz war angetan. Ein ganzes Kurbad lässt er 1790 rund um die Draitschquelle bauen: die Redoute als Ballsaal, ein Theater, Logierhäuser für die Gäste. Godesberg boomt - aber nur vier Jahre lang. Max Franz flieht vor der französischen Armee, der Kurbetrieb verliert an Bedeutung.

80 Jahre später wollen es die Godesberger noch einmal wissen: Die Stadt lässt ein "Curhaus" mit Schmuckmauer rund um den Draitschbrunnen errichten. Der Badebetrieb nimmt Fahrt auf. In vier Godesberger Sanatorien können Kurgäste moderne Krankheiten wie Erschöpfung, Fettleibigkeit oder Sucht behandeln lassen. Doch mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs endet auch diese Blütezeit. "Davon hat sich der Kurbetrieb in Bad Godesberg nie wieder erholt," sagt Ammermüller.

In den 1960er Jahren wird zwar noch die Kurfürstenquelle entdeckt, doch Bad Godesberg setzt nach dem Zweiten Weltkrieg auf seinen Ruf als Diplomatenstadt. "Das war für Bad Godesberg ein Segen - aber ein Fluch für den Kurbetrieb", sagt Ammermüller. Nur Weniges erinnerte damals an die Kurgeschichte der Stadt. Das Curhaus am Draitschbrunnen existierte nicht mehr, die Hangmauer mit den Schmuckornamenten war zugemauert und ganz in Vergessenheit geraten. Statt Kurgästen tummelten sich Botschafter in der Redoute. Nebenan zog die Bezirksverwaltung in die ehemaligen Logierhäuser ein.

Heute entdeckt Bad Godesberg das "Bad" in seinem Namen wieder. Die Zulassung der Quellen als Heilquellen stehe bald ins Haus, ist sich Brunnenmeister Fiehl sicher. An Pfingsten, zum 225-jährigen Bestehen des Draitschbrunnens, soll die benachbarte Hangmauer fertig sein. "An den großen Glanz wie zu Max Franz' Zeiten werden wir nicht anknüpfen können", sagt Martin Ammermüller. Aber daran erinnern.

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