Godesberger Gegensätze Gefühlte Wahrheiten

BAD GODESBERG · Das subjektive und tatsächliche Sicherheitsempfinden klaffen weit auseinander. Ein Privater Sicherheitsdienst hat immer mehr Kunden, doch die Kriminalitätsstatistik weist teils sinkende Zahlen aus.

Wie sicher ist Bad Godesberg? Wer auf eine eindeutige Antwort hofft, wird enttäuscht. Da gibt es auf der einen Seite die Kriminalitätsstatistik, die zeigt: Die Situation im Stadtbezirk ist nicht dramatischer als anderswo. Da gibt es Bad Godesberger, die kein Problem damit haben, nachts durch Innenstadt oder Kurpark zu laufen.

Unwohlsein? Fehlanzeige. Auf der anderen Seite stehen Bürger, denen es anders geht. Die zusammenlegen, um einen privaten Sicherheitsdienst zu engagieren. Die nach Anbruch der Dunkelheit lieber nicht in Bad Godesberg unterwegs sind.

"Der Unterschied zwischen subjektivem und objektivem Sicherheitsgefühl ist hier eklatant", stellen Ralf Rheidt, Leiter der Godesberger Wache, und Kommissariatsleiter Manfred Schubert fest. Einen Grund sehen sie im Strukturwandel, der im Stadtbezirk sichtbar zu Tage trete. Zum Beispiel: "Die diplomatischen Vertretungen sind weg, damit sind auch die Objektschutzstreifen verschwunden", sagt Schubert.

Gerade ältere Menschen hätten Ängste, die man natürlich sehr ernst nehmen würde, ergänzt Rheidt. "Man kann die Delikte nicht verleugnen. Das will auch keiner. Aber die Zahlen sind rückläufig." Zum Beispiel beim Einbruch: 427 verzeichnete die Polizei 2013, 2014 waren es 300. Der Fünf-Jahres-Durchschnittswert liegt bei 365 Fällen. Das gilt auch für Straßenkriminalität (2013: 2057, 2014: 1870, Fünf-Jahres-Wert: 2231) oder den sogenannten Diebstahl aus Autos (2013: 638, 2014: 460, Fünf-Jahres-Wert: 597).

Zahlen für 2015 gibt es noch nicht, eine Tendenz schon. Die sei in diesen Bereichen weiter sinkend, sagt Schubert. Doch nicht überall sieht es gut aus. Bei schwerem Diebstahl (1686 zu 1750, Fünf-Jahres-Wert: 1708) oder schwerer Körperverletzung (100 zu 114, Fünf-Jahres-Wert: 115) steigen die Zahlen. Die Zahl der Geschäftseinbrüche ist ungefähr gleich geblieben (59 zu 60, Fünf-Jahres-Wert: 92), das gilt auch für Raubdelikte (78 zu 77, Fünf-Jahres-Wert: 93).

Das liege daran, dass in diesen Bereich Ladendiebstähle fielen, bei denen der Täter zum Beispiel einen Kunden weggeschubst habe, so Schubert. Davon habe es mehrere Fälle gegeben. "Im Kur- oder Redoutenpark ist im Sommer fast nichts gewesen", sagt Rheidt.

Doch woran liegt es, dass sich dennoch so viele Menschen unsicher fühlen? Ballen sich irgendwo die Taten - zum Beispiel bei Autoaufbrüchen - oder häufen sich die Einbrüche, "dann bleibt das jahrelang hängen", meint Schubert. Und: "In den Ortsteilen passiert weniger. Die Unsicherheit bezieht sich fast immer auf die Innenstadt. Das liegt auch an der dortigen Klientel", so Rheidt.

Dass die Innenstadt unsicher ist, scheint die Meinung der Geschäftsleute zu sein. So zumindest erklärt sich, dass sich 63 zusammengetan haben, um die City-Streife, ein privater Wachdienst, der bis vor zwei Jahren vom Verein Stadtmarketing engagiert worden ist, auch weiterhin zu bezahlen. Tendenz steigend, sagt Timo Hähnlein, der Chef des Unternehmens TH Sicherheit.

Er und sein Team sind aber nicht nur rund um die Fußgängerzone unterwegs. "Vor zwei Jahren haben wir mit der Villenviertel-Streife begonnen.". Mittlerweile hat sich der "Revierdienst" ausgeweitet - auf Schweinheim und Mehlem. In den drei Ortsteilen sind es insgesamt 340 Privat- und Gewerbekunden, die Hähnlein und sein Team angeheuert haben. "Die Basis ist, dass wir mindestens drei Mal pro Nacht das entsprechende Objekt anfahren." Weitere Dienste sind unter anderem Fahrdienst oder Personenschutz.

"Sicherheit ist ein großes Thema", erzählt Hähnlein. Die Menschen seien sensibler als früher, die Angst vor Entführung oder Stalking habe zugenommen. Seiner Erfahrung nach gebe es in Bad Godesberg viele Intensivtäter, zum Beispiel im Einbruchsbereich. "Deswegen ist das Sicherheitsbedürfnis groß." Dies oder auch die Jugendkriminalität bekomme man durch die privaten Streifen ganz gut in den Griff. "Natürlich werden gesunkene Einbruchszahlen offiziell nicht auf unsere Arbeit zurückgeführt. Aber ich weiß, dass es Teil unserer Arbeit ist."

Die Bad Godesberger scheinen auf jeden Fall davon überzeugt zu sein. "Wir haben Kunden aus allen Bereichen. Wir bewachen alles." So zum Beispiel die Stadthalle und den Basteipark, Ausflugslokale entlang des Rheins oder Baustellen wie die Cityterrassen. "Die Kunden sehen in Bad Godesberg die Notwendigkeit eines privaten Sicherheitsdienstes."

Das sieht die Polizei anders. Man arbeite gut mit dem Stadtordnungsdienst zusammen, mit dem privaten aber habe man keinen Kontakt, sagt Rheidt. "Wer sich das als Sicherung leisten möchte - okay, aber es ist eine private Geschichte." Aufmerksame Nachbarschaft und frühzeitige Hinweise an die Notrufnummer 110 seien aber effektiver.

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