Hans-Dietrich Genscher in der Redoute Diskussion über die Grenzen Europas

BONN · Wo endet Europa im Osten? Eine Frage, die angesichts der Ukraine-Krise hochaktuell ist. Zwei Prominente, die sich seit Jahren mit der Entwicklung Europas aus unterschiedlichen Blickwinkeln beschäftigen, sind der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Berthold Kohler, Herausgeber der "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Beide diskutierten am Donnerstag in der Redoute über das Vorgehen Russlands und die Zukunft Europas.

 Fordert klare Bekenntnisse zu Europa: Hans-Dietrich Genscher (links) im Gespräch mit Berthold Kohler. FOTO:

Fordert klare Bekenntnisse zu Europa: Hans-Dietrich Genscher (links) im Gespräch mit Berthold Kohler. FOTO:

Foto: BARBARA FROMMANN

"Wir brauchen Russland in Europa für unsere eigene Sicherheit", warnte Genscher vor drastischen Schritten. Der Westen müsse Russland das Gefühl geben, zu Europa zu gehören. Auch über eine Freihandelszone der EU mit Russland solle langfristig nachgedacht werden.

Etwa 250 Gäste hatten sich zu dem vom Internationalen Club La Redoute organisierten Gespräch zusammengefunden. Das Vorgehen der Russen in der Ukraine nannte der Journalist Berthold Kohler einen "Verstoß gegen den Geist und die Verträge der europäischen Friedensordnung" und wollte wissen, ob die EU nicht härtere Sanktionen aussprechen sollte. "In dieser ganz schwierigen außenpolitischen Situation haben wir eine Bundesregierung, mit deren Vorgehen wir vollkommen zufrieden sein können", entgegnete der 87-jährige Genscher. Die deutliche Kritik am Vorgehen der Russen, verbunden mit zunächst milden Sanktionen, seien die richtige Reaktion gewesen.

Der ehemalige Außenminister zeigte sich überzeugt, dass Europa mit seinem starken Partner USA im Rücken viel erreichen könne - vorausgesetzt, die Strategie sei gut durchdacht. Nach seiner Einschätzung wird die Welt in den kommenden Jahren von mehreren Kraftzentren aus bestimmt. Das werde politisch noch zu zahlreichen regionalen Zusammenschlüssen führen. Europa sei hier Vorreiter. Als Kohler den Europawahlkampf ansprach, konnte Genscher seine Enttäuschung nicht verbergen. "Ich wünsche mir mehr klare Bekenntnisse zu Europa und zur Partnerschaft mit den USA", erklärte er. Auf Kohlers Hinweis, das Gespräch nähere sich dem Ende, reagierte Genscher schlagfertig: "Wir sind aber nicht am Ende." Für die Zuhörer war klar: Er meinte Europa.

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