Wohnungsmarkt in Bad Godesberg Aufkäufer vermieten an Medizintouristen

BONN · Eine Immobilienbesitzerin aus Bad Godesberg fühlt sich bedrängt. Gleich mehrere Unternehmer wollten sie überreden, ihre Eigentumswohnung an der Burgstraße zu verkaufen.

Die Frau glaubt auch zu wissen, wozu ihre 80 Quadratmeter große Wohnung benötigt wird: Es geht wohl um eine Zweckentfremdung von Wohnraum. Die Wohnung soll offenbar an "Gesundheitstouristen", auch "Gastpatienten" genannt, vermietet werden, so die Eigentümerin. Das geschieht meist zu Preisen, die erheblich über der ortsüblichen Miete liegen.

Nach Aussage der Frau hatten die Aufkäufer bereits bei fünf der acht Parteien in ihrem Haus Erfolg. Was sie besonders wurmt: Man scheint eine Vernachlässigung des Gebäudes in Kauf zu nehmen, um die Preise für die verbliebenen Wohnungen drücken zu können: "Das ist kein Zufall, sondern gezieltes Vorgehen", sagt die Frau. Ihre Sorgen formulierte sie vor kurzem beim GA-Talk auf der Bonner Immobilienmesse, bei dem es just um die Frage ging, wie man bezahlbaren Wohnraum schaffen kann. Auch Godesbergs Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke bekam Post von ihr.

Ihre Schilderungen sind kein Einzelfall, bestätigt Immobilienmakler Jan-Peter Sattler-Riegel, der viel in Bad Godesberg zu tun hat. Ein Besitzer einer 48-Quadratmeter-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mit zahlreichen Wohneinheiten an der Vilichgasse habe Sattler-Riegel jüngst um die Ermittlung eines Kaufpreises gebeten.

Eine ausländische Wohnungsgesellschaft, die inzwischen über die Hälfte der Wohnungen in dem Haus gekauft habe, so Sattler-Riegel, habe anderen Eigentümern Kaufangebote unterbreitet: "Die lagen bis zu zehn Prozent über dem marktüblichen Preis." Sein Kunde überlege zu verkaufen, auch weil in der Eigentümergemeinschaft "offene Konflikte an der Tagesordnung sind", berichtet Sattler-Riegel.

Dem Immobilienexperten macht das Sorgen, "weil dadurch immer weniger bezahlbare Wohnungen auf dem knappen Markt zur Verfügung stehen." Durch Zweckentfremdung entfalle erschwinglicher Mietraum. Diese Entwicklung zu stoppen, dürfte seiner Ansicht nach schwer werden: "Damit ist einfach zu viel Geld zu verdienen."

Dass die Situation sich zuspitzt, darüber gab es Einigkeit beim GA-Messetalk. Der Stadtverordnete Reinhard Limbach (CDU) bezeichnete die Zustände in Bad Godesberg als "unmöglich". Marcel Schmitt (Bürger Bund Bonn) sprach von etwa 2000 Wohnungen in ganz Bonn, die für Gastpatienten vorgehalten würden.

Bei der Frage nach Abhilfe sieht Mirko Theiner, Geschäftsführer des Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg, die behandelnden Kliniken und Ärzte in der Pflicht: "Die müssen sich auch um die Unterbringung der Gastpatienten kümmern." Aber Theiner wie auch Limbach und Schmitt erhoffen sich Besserung durch die Änderung der städtischen Zweckentfremdungssatzung. Sie tritt am 2. Oktober in Kraft, erfasst allerdings nur Gebäude mit mindestens drei Wohneinheiten.

"Für derartige Umnutzungen wird dann eine Genehmigung erforderlich", erklärt Elke Palm aus dem Presseamt. "Diese kann nur in Ausnahmefällen erteilt werden." Für bereits umgenutzte Wohnungen greife allerdings unter bestimmten Umständen ein Bestandsschutz.

Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, hält davon wenig: "Kommunale Gängelei fördert weder den Wohnungsbau noch reduziert sie den Leerstand." Bonn brauche vielmehr ein investitionsfreundliches Klima.

Bad Godesbergs Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke (CDU) rät, den Gesundheitstourismus endlich als Chance zu begreifen. Gerade mit Blick auf die Wirtschaftsförderung lohnt es sich ihrer Ansicht nach, "das ganze Thema erstmalig in geordnete Bahnen zu lenken". Zu dem Vorhaben passt ein Antrag der CDU-Bezirksfraktion, der ein "Instrumenten- und Maßnahmenbündel zur Verhinderung eines 'Graumarktes' an zweckentfremdeten Ferienwohnungen in Bad Godesberg" zum Inhalt hat.

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