Medizintourismus in Bad Godesberg 400 Euro pro Tag für eine Wohnung

BAD GODESBERG · Das Team des Welcome-Centres machte einen Fall von Abzocke öffentlich und bewahrte eine junge Familie aus Katar vor Schaden.

400 Euro pro Tag sollte eine 90 Quadratmeter große Wohnung in der Bad Godesberger Innenstadt kosten. Das Team des neuen Welcome-Centres für Medizintouristen hat eine junge Familie aus Katar vor dieser Abzocke bewahrt und ihr gemeinsam mit der katarischen Botschaft eine andere Unterkunft besorgt.

Wie André Chahoud, Vorstandsmitglied des Welcome-Centre, dem GA berichtete, wird die Frau der Familie zurzeit in Bad Godesberg wegen einer schwierigen Schwangerschaft medizinisch behandelt. Mit Mann und Kind war sie in eine Wohnung gezogen, die zunächst 6000 Euro im Monat kostete. Es gab keinen Mietvertrag, nur eine Quittung, mit der auch eine Verlängerung jeweils nach Absprache drei Tage vor Monatsende vereinbart war. Jetzt wollte der Vermieter jedoch plötzlich 400 Euro pro Tag haben.

"Ich bin sicher, das ist kein Einzelfall. Genau diese Form von Abzocke wollen wir verhindern", sagte Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke, die Schirmherrin des Vereins "Welcome to Bad Godesberg" ist. Der sudanesische Vermittler habe die Wohnung selbst für 1200 Euro im Monat von einer älteren Dame angemietet.

Offenbar um die Familie einzuschüchtern, habe der Vermieter ihr zunächst die Polizei ins Haus geschickt, so Stein-Lücke. Außerdem sei der Strom abgestellt worden. Als sich drei Männer - die offenbar vom Vermieter den Schlüssel bekommen hatten, um die Mieter unter Druck zu setzen - Zutritt zur Wohnung verschafften, suchte die Familie Hilfe. Das "Medical Office" der Botschaft von Katar und der Godesberger Verein arbeiteten Hand in Hand. Bereits am Wochenende konnte die Familie in eine andere Wohnung umziehen.

"Es gibt einen verbrecherischen Schwarzmarkt in Bad Godesberg. Wir werden diesen Menschen das Handwerk legen", kündigte Stein-Lücke an. Dieses ist der erste Fall, der vom Welcome-Centre bearbeitet und öffentlich gemacht wurde. Die im April gegründete Einrichtung dient als Anlauf- und Informationsstelle für Medizintouristen. Sie ist zugleich Beschwerdestelle für Godesberger Bürger, die immer wieder unhaltbare Zustände in Wohnungen beklagen, die hotelmäßig vorwiegend an arabische Gäste vermietet werden.

André Chahoud berichtete, dass das betroffene Ehepaar "total verschüchtert" gewesen sei. "Beide waren das erste Mal im Ausland und kannten sich mit den Gepflogenheiten hier noch nicht aus", sagte er. Wie genau nun juristisch gegen den Vermieter aus dem Sudan vorgegangen wird, stand gestern noch nicht fest.

Es sei aber sicher, dass er aus Katar und aus den Vereinigten Arabischen Emiraten keine Kunden mehr bekommen werde. "Es ist ein Präzedenzfall, der jetzt eingetreten ist. Die Botschaften sagen: So lassen wir nicht mit unseren kranken Staatsbürgern umspringen", meinte Chahoud.

Man höre zwar immer von Abzocke. "Jetzt habe ich die Quittungen selbst gesehen." Viele Probleme in Godesberg entstünden, "weil hier Gauner am Werk sind", so Chahoud. Bereits Anfang Juni hatte ein ähnlicher Fall für Aufmerksamkeit gesorgt. Dabei waren einer dreiköpfigen Familie aus Katar 130 Euro pro Tag - also 3900 Euro im Monat - für eine Dreizimmerwohnung in Bad Godesberg abverlangt worden.

Das Welcome-Centre

Das Welcome-Centre befindet sich in der Arcadia-Passage, Villichgasse 7. Es wird von einem Verein getragen. Geöffnet ist dienstags, mittwochs und samstags jeweils von 17 bis 21 Uhr. Die Anlaufstelle betreut und informiert nicht nur Medizintouristen. Sie nimmt auch Beschwerden von Godesberger Bürgern entgegen und vermittelt bei Konflikten. Das Service-Telefon hat die Rufnummern 0228/312240 und 0163/6780480, die E-Mail-Adresse lautet service@welcome-godesberg.de. Nähere Informationen auf www.welcome-godesberg.de.

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