Friedrich-List-Berufskolleg Bewerbungstraining: Die Aula wird zum Personalbüro

Villenviertel · Wer am Mittwoch glaubte, das Friedrich-List-Berufskolleg (FLB) habe sich ausgerechnet bei der herrschenden Hitze eine neue Schuluniform zugelegt, lag falsch. Die 140 Schüler, die auf dem Gelände in Schlips, Kragen und Kostüm unterwegs waren, hatten ihre Kleidung ausschließlich aus "beruflichen" Gründen gewählt.

 Im Vorstellungsgespräch: Ramy Edgahym und SER-Ausbildungsleiter Raimund Schliefer.

Im Vorstellungsgespräch: Ramy Edgahym und SER-Ausbildungsleiter Raimund Schliefer.

Foto: Ronald Friese

Derzeit nämlich laufen am FLB zum dritten Mal die Berufsberatungstage. 31 Arbeitgeber aus Bonn und der Region hatten gestern Vertreter ihrer Personalberatungen ins Villenviertel entsandt. Im Vorfeld konnten die Schüler anhand einer Liste Wünsche äußern, bei welchen möglichen Arbeitgebern sie vorstellig werden wollen.

Und so glich die Aula einer Mischung aus Messehalle und Kennenlernplattform wie beim sogenannten Speed-Dating. An zahlreichen Tischen fanden parallel zueinander Vorstellungsgespräche statt, bei denen Unternehmensvertreter und FLB-Absolventen einander näherkamen. Dabei soll die Veranstaltung zwar ein Training sein, geht aber über den reinen Übungscharakter hinaus: "Zum einen bekommen die Schüler von ihren Gesprächspartnern ein konstruktives Feedback", sagt Antje Kost, die als Lehrerin für die Wirtschaftsfächer zu den Organisatoren der Berufsberatung gehört.

Mehrere Monate Arbeit stecken in der Vorbereitung der Berufsberatung. Einerseits wird das Thema ausführlich im Unterricht behandelt; andererseits bedeutet die Abstimmung mit den zahlreichen beteiligten Unternehmen einen enormen Verwaltungsaufwand.

Die Erkenntnisse aus dem Training können die Jugendlichen dann im nächsten Sommer bei ihren echten Bewerbungen anwenden. Wobei es in den beiden vorigen Jahren nicht selten vorgekommen sei, dass Schüler und Unternehmen nach dem Bewerbungstraining in Kontakt geblieben seien, woraus sich in einzelnen Fällen tatsächlich auch Ausbildungsverhältnisse ergeben hätten, berichtet Antje Kost.

Auch Raimund Schliefer, Ausbildungsleiter beim Softwareentwickler SER in Bonn, hält die Veranstaltung im FLB für eine ideale Gelegenheit, mit interessierten Nachwuchskräften ins Gespräch zu kommen: "Ich treffe hier auf Bewerber, die sich vorab informiert haben, und gebe auch Tipps, wie sie ihr Auftreten noch verbessern können", sagt Schliefer. Die SER, zurzeit im Umzug in den Bonner Bogen begriffen, nimmt jährlich etwa ein halbes Dutzend Lehrlinge auf.

Ausgebildet werden Fachinformatiker und IT-Systemkaufleute. Das Völkchen der potenziellen Arbeitgeber war gestern bunt gemischt. Vom produzierenden Gewerbe über Dienstleister, Banken und Versicherungen bis hin zur öffentlichen Institution waren alle Sparten dabei. Auch klangvolle Bonner Namen wie Deutsche Welle, Postbank, Telekom, Knauber, Verpoorten oder Sparkasse gaben sich ein Stelldichein.

"Ich hatte ein Gespräch mit Vertretern des Maritim-Hotels. Meiner Meinung nach ist es gut gelaufen. Beispielsweise habe ich mir wertvolle Informationen über die Möglichkeiten eines dualen Studiengangs geben lassen", sagt Erick Sanchez.

Den 17-Jährigen zieht es in die Hotel- oder die Tourismusbranche. Noch nicht festgelegt ist indes Verena Pfeiffer (17), die sich mit Personalverantwortlichen der GIZ, von BMW sowie von CFP Brands unterhalten hat. "Ich könnte mir auf jeden Fall einen Beruf vorstellen, bei dem Fremdsprachenkenntnisse vonnöten sind", sagte sie. Und was sind die häufigsten Fehler von Bewerbern? Antje Kost: "Manchmal informieren sich die Bewerber im Vorfeld nur oberflächlich über die Firma. Und was bei Personalchefs gar nicht gut ankommt, sind Standardanschreiben aus dem Internet."

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