Erinnerungen an Bundespräsident Theodor Heuss Zwei Bonner Mädchen sehen sich nach 60 Jahren wieder

Bad Godesberg · Ingrid Mahr und Ingrid Ackermann spielten als Mädchen im Park der Villa Hammerschmidt. Ihr weiterer Lebensweg führte dazu, dass sie sich aus den Augen verloren - bis jetzt. Am Mittwoch sahen sie sich das erste mal nach 60 Jahren wieder.

 Auf dem Theaterplatz: Ingrid Ackermann (l.) und Ingrid Mahr sehen sich zum ersten Mal nach 60 Jahren wieder.

Auf dem Theaterplatz: Ingrid Ackermann (l.) und Ingrid Mahr sehen sich zum ersten Mal nach 60 Jahren wieder.

Foto: Stefan Knopp

Der Funke war sofort wieder entfacht: Ingrid Ackermann und Ingrid Mahr hatten sich beinahe 60 Jahre lang nicht mehr gesehen, aber die enge Freundschaft, sagen sie, ist noch spürbar. „Man merkt schnell, wenn man alte Verbindungen aufleben lässt, das hat Sinn oder keinen Sinn“, sagt die Bad Godesbergerin Ackermann, geborene Kayser. Bei den beiden 77-Jährigen hat es Sinn.

Sie trafen am Mittwoch vor dem Insel-Hotel in Bad Godesberg wieder aufeinander, eine herzliche Begegnung nach all den Jahren. Ja, sie hatten schon miteinander telefoniert, „stundenlang“, so die Schwäbin Mahr, geborene Mayer. Aber ist das das Gleiche? Im Café des Hotels und später im Restaurant BaGo tauschten sie Erinnerungen an gemeinsame Zeiten aus. Und das waren durchaus besondere: Wie viele Menschen können schon von sich sagen, als Kinder auf dem Parkgelände der Villa Hammerschmidt gespielt zu haben?

Ingrid Mahr ist die Tochter von Otto Meyer, und der war der persönliche Fahrer des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Deshalb wohnte die Familie auf dem Gelände der Villa. Ihr Vater hatte schon für Heuss gearbeitet, als der noch Kultusminister von Württemberg-Baden in Stuttgart war, und wechselte deshalb mit ihm nach Bonn. Die Tochter kam als Neunjährige ins Rheinland und hatte mit ihrem Schwäbisch zunächst große Schwierigkeiten. Wie gut, dass Heuss ein Landsmann war. Als er sie fragte, ob sie sich inzwischen eingelebt habe, sagte sie: „Herr Bundespräsident, die verstehen mich nicht!“ Er tröstete sie damit, dass es ihm genauso gehe.

Ein Kontakt ergab sich lange Zeit nicht

Eines Tages wurde ihr, damit sie Kontakt zu anderen Kindern bekam, Ingrid Kayser vorgestellt, Tochter eines Polizisten, der an der Villa Hammerschmidt beschäftigt war. Die beiden sind gleich alt, verstanden sich auf Anhieb und verbrachten viel Zeit im Park. Dort ritzte Ingrid Meyer ihr Monogramm in die Mauer zum Rhein hin. Vor Kurzem war sie wieder auf dem Gelände und fand es wieder.

An das Ehepaar Heuss haben die beiden schöne Erinnerungen. „Der Bundespräsident war immer besorgt um uns“, so Mahr. Und Elly Heuss-Knapp sei eine sehr gütige Frau gewesen, die die Mädchen auch gerne mal verwöhnt habe. Ingrid Ackermanns Familie lebte nicht auf dem Gelände, sondern hatte eine Wohnung in der Wiedemannstraße. „Immer wenn ich mit meinem Mann dort vorbeifuhr, habe ich ihm gesagt, da hat meine Freundin gewohnt“, erzählt Mahr. Als die beiden ihre späteren Ehemänner kennenlernten, trennten sich bald darauf ihre Wege. Ackermann ging mit ihrem Mann nach Bayern, das Ehepaar Mahr zog ins Schwabenland um, wo ihr Gatte beim Bundesgrenzschutz arbeitete. „Ich habe furchtbar geheult, als ich von Bonn weg musste“, gibt sie zu. Jahre später wechselte ihr Mann zum Bundeskriminalamt in die damalige Hauptstadt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mein geliebtes Bonn noch mal wiedersehen würde.“ Heute wohnt sie in Mehlem.

Später zog Ackermann in die Nähe von Ludwigsburg. „Die Rheinländerin ist im Schwabenland und die Schwäbin im Rheinland“, stellt sie amüsiert fest. Ein Kontakt ergab sich lange Zeit nicht, man dachte aber immer wieder aneinander. Dann las Ackermann in einer Biografie über Theodor Heuss eine Erwähnung von Otto Meyer und beschloss die Suche nach Ingrid Mahr aufzunehmen. Beim Einwohnermeldeamt in Stuttgart wurde sie trotz großer Bemühungen von Amtsseite nicht fündig. Aber man gab ihr den Tipp bei der Theodor-Heuss-Stiftung nachzufragen. Dort konnte man ihr helfen: „Es hat keinen Tag gedauert, da hat man mir die Telefonnummer gegeben“, erzählt sie.

Das sie nicht eher zueinander fanden, bedauern beide. „Es ist schade um die Jahre“, so Ackermann. Beide wollen den mühsam wiedererlangten Kontakt nicht wieder abbrechen und überlegen auch schon gemeinsame Wellness-Ausflüge.

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