Haus am Moltkeplatz Von Spreewaldgurken bis FKK

BAD GODESBERG · Knapp 20 Leute hatten sich am Mittwochabend im "M 2 - Haus am Moltkeplatz" in Bad Godesberg versammelt, um der Lesung von Jochen Schmidts Roman "Schneckenmühle" zu lauschen und danach in der Dokumentation "Endlich Urlaub - Ferienheim oder Fernreise" mehr über die Reisegewohnheiten der DDR-Bürger zu erfahren.

 Beleuchten den Alltag in der DDR: (v. l.) Lars Ziegenhain, Frank Muth, Angie Tonner und Ulrike Pyll-Heidkamp.

Beleuchten den Alltag in der DDR: (v. l.) Lars Ziegenhain, Frank Muth, Angie Tonner und Ulrike Pyll-Heidkamp.

Foto: Ronald Friese

"M 2" ist die vor einem Jahr eröffnete Kontakt- und Beratungsstelle des Bonner Vereins für gemeindenahe Psychiatrie. So kam es, dass vier Mitglieder von "fulminant", der Theatergruppe des Vereins, Auszüge aus dem Roman vortrugen. Anlass waren der Mauerfall vor 25 Jahren und die Wahl zum Buchs des Jahres des Kölner Stadtanzeigers. Im Roman beschreiben nicht Erwachsene, sondern Jugendliche mit einer gewissen kindlichen Naivität den Alltag in der DDR.

Zur Handlung: Im Sommer 1989 hat sich der 14-jährige Jens mit dem Geld seiner verstorbenen Oma gerade einen neuen Computer gekauft. Seine Angst vor dem Implodieren seines Fernsehers ist genauso groß wie die vor amerikanischen Cruise-Missiles. Doch bevor er das verheißungsvolle PacMan installieren kann, schicken seine Eltern ihn ins Ferienlager Schneckenmühle nach Sachsen.

Jens nimmt in seiner kindlichen Ehrlichkeit kein Blatt vor den Mund: Manche Eltern haben ihren Kindern nicht genügend Wechselklamotten mitgegeben, und so drehe man den Schlüpfer gegen Ende der Ferien einfach um. Jens? Beobachtungen sind mit trockenem und teilweise unfreiwilligem Humor gespickt. Seine Verwandten im Westen hätten es so schwer, in die DDR einzureisen, dagegen sei rauszukommen "lächerlich einfach".

Der zweite Teil des Abends war der Vorführung einer Folge der 16-teiligen Dokumentation "Von Spreewaldgurken bis FKK - Die DDR privat" gewidmet. Glänzen konnte die Folge mit zahlreichen Originalaufnahmen und Zeitzeugenberichten.

Zur anschließenden Diskussion stellte sich Journalist Lars Ziegenhain zur Verfügung, der zusammen mit Claudia Riemer für die Organisation der Reihe verantwortlich war. Einer der Anwesenden gab sich selbst als Zeitzeuge zu erkennen. 1957 floh er von Bautzen nach Breslau. Mit den Worten "Ich freue mich, dass es wieder ein Deutschland ist", brachte er am Ende auf den Punkt, was wohl viele im Raum dachten.

Die Folgen 7 bis 10, darunter die Urlaubs-Folge, werden am Montag, 29. Dezember, ab 20 Uhr auf n-tv wiederholt.

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