Godesberger Natur Viele Pflanzen am Rheinufer sind Migranten

BAD GODESBERG · Die neuen Godesberger Heimatblätter stellen unter anderem die Flora vor. Biologe Bruno P. Kremer hat zahlreiche ausländische Blumen gefunden.

 Die neue Ausgabe der Godesberger Heimatblätter stellen (von links) Martin Ammermüller, Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke und Hermann Josef Roth vor.

Die neue Ausgabe der Godesberger Heimatblätter stellen (von links) Martin Ammermüller, Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke und Hermann Josef Roth vor.

Foto: Ronald Friese

Die ersten Kraniche kommen zurück. Die Kröten wandern. Die Knospen sprießen. Eine Ahnung von Frühling schwebt über Bad Godesberg und über seinem Rheinufer. Da ist es naheliegend, dass der Heimat- und Geschichtsverein in seinen aktuellen Heimatblättern, die er am Dienstag vorgestellt hat, der Blatt- und Blütenpracht entlang der Rheinwege ein eigenes Kapitel widmet.

Der Biologe Bruno P. Kremer hat ihre wichtigsten Vertreter am Bad Godesberger Ufersaum zusammengestellt und ihre Herkunft nachrecherchiert. Und siehe da: Die meisten dieser im Laufe des Jahres bunt blühenden Pflanzen sind Zuwanderer. Kremer nennt sie Trittbrettfahrer, die sich zunächst im Umkreis von Warenumschlagplätzen, später auch an Industriehäfen oder Güterbahnhöfen und eben am Rheinufer eingerichtet haben.

Da wimmelt es am Ufersaum nur so von Kleinblütigem Franzosenkraut aus Peru, Gelbem Hornklee aus Brasilien, Mauer-Leinkraut vom Mittelmeer, Schmalblättrigem Kreuzkraut aus Südafrika sowie der Neubelgischen Aster und der Großblütigen Nachtkerze aus Nordamerika. An den Uferwegen finden sich die Pfeilkresse aus Vorderasien, der Wohlriechende Gänsefuß aus Südamerika, die Zackenschote vom Schwarzen Meer, der Schmetterlingsflieder aus China und der Staudenknöterich aus Japan.

Kremer hat als Hochschullehrer an der Kölner Universität gearbeitet und zeichnet die Wege nach, die diese Einwanderer gingen, um die Artenvielfalt auch am Rheinufer zu verändern. Jedem bekannt sein dürfte auch das Drüsige Springkraut, eine dunkelrosafarbene Pflanze, die sich besonders gerne am Saum von heimischen Fließgewässern breit macht und ursprünglich aus Indien stammt. Auch das Schmalblättrige Kreuzkraut ist von den Ufern und auch den Bahnanlagen der Region nicht mehr wegzudenken: Einst kam es aus Südafrika, jetzt blüht es leuchtend gelb und üppig jeden Frühsommer und nochmals im Spätherbst am Rhein.

Herrlich ist auch die Kanadische Goldrute anzusehen, wie sie in den Staudenfluren am Rhein dichte Bestände bildet. Weiß leuchtet die Lanzettblättrige Aster. Schon in der Römerzeit aus dem Mittelmeerraum eingeschleppt, ist das auf den ersten Blick unscheinbare Mauer-Glaskraut ein enger Verwandter der Brennnessel. Es lugt aus fast allen Mauerfugen am Rheinufer und ist auch die häufigste Pflanze auf dem Forum Romanum in Rom. Das Kraut hat sich in Deutschland im Gebiet ehemaliger Römerkastelle angesiedelt.

„Das botanisch ebenso wie kulturgeschichtlich interessante Feld der verschleppten, verwilderten, eingebürgerten oder sonst wie in die freie Landschaft geratenen Pflanzen aus anderen Herkunftsgebieten nimmt in der so genannten heimischen Flora einen erstaunlichen Anteil ein“, resümiert Kremer. Er bricht nebenbei eine Lanze für die Wildkräuter, die der Mensch, der nur in Kategorien wie zu bewirtschaftenden Flächen denke, lange Zeit nur als Unkraut diffamiert habe.

Selbst wenn man die Wildkräuter nicht mehr unmittelbar als Nahrungs- oder Rohstofflieferanten nutze, erfüllten sie in ihrem jeweiligen Umfeld doch eine Reihe unverzichtbarer ökologischer Funktionen. „Wachsend, blühend und fruchtend sind sie für Kleintiere von den Insekten über die Vögel bis zu den Säugern Nahrung und Lebensraumspender.“ Und eine Freude für den Spaziergänge noch dazu.

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