Ermittlungen dauern an Viele Fragezeichen nach Familiendrama in Plittersdorf

Plittersdorf · Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch immer gegen zwei Bonner Polizisten, die bei dem Familiendrama in Plittersdorf auf den bewaffneten Täter geschossen haben. Seelsorger führten viele Gespräche mit Betroffenen.

Haben zwei Bonner Polizisten aus Notwehr gehandelt, als sie am 21. Mai auf einen Mann in Plittersdorf schossen? Aus Objektivitätsgründen sind Ermittler des Kölner Polizeipräsidiums mit dem Verfahren betraut. „Die Ermittlungen dauern an“, teilt Sebastian Buß von der Bonner Staatsanwaltschaft mit. Ein 40-jähriger Mann hatte am Morgen des 21. Mai seine 39-jährige Ehefrau und die dreijährige Tochter in der gemeinsamen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Martin-Luther-King-Straße getötet.

Nachdem sich die Polizisten Zugang verschafft hatten, soll der Täter mit einem Messer in der Hand auf sie zugelaufen sein. Sie feuerten und trafen den Mann mit drei Kugeln in die Oberschenkel und den Unterbauch. Laut Staatsanwaltschaft starb er an der „Summe seiner Schnittverletzungen und Schusswunden“. Der Mann sei verblutet. Warum er seine Familie getötet hat, wissen die Ermittler bisher noch nicht.

Das Motiv des Mannes ist auch im Bekanntenkreis und unter den Kollegen bei der Telekom ein Rätsel. „Die Familie hat sich in einer Welt bewegt, in der ein solches Drama nicht vorstellbar erschien“, sagt Pater Jürgen Langer von der Notfallseelsorge Bonn/Rhein-Sieg. „Es gab offenbar keinerlei Anzeichen.“ Die Notfallseelsorger waren am Tag der Bluttat mit sieben Personen vor Ort, um für Nachbarn und Einsatzkräfte ansprechbar zu sein. Auch später habe man viele Gespräche geführt, so Langer.

Im Mittelpunkt habe zunächst die Kindertagesstätte gestanden, in der die getötete Tochter betreut worden war. Die Seelsorger redeten mit den Kindern und deren Eltern. Auch Schüler, die von dem Fall schockiert waren, meldeten sich bei der Notfallseelsorge, um sich die Last von der Seele zu sprechen. „Für Kinder ist schwer zu begreifen, was in dieser Familie geschehen ist“, sagt Langer. Helfen könne, wenn man ihnen erkläre, dass eine Krankheit die Seele des Täters befallen und ihm die Kontrolle über sich selbst geraubt habe.

Entsetzen bei der Telekom

Tiefe Betroffenheit und Entsetzen herrschte aber auch bei der Telekom. Sowohl der Mann als auch seine Ehefrau – beide stammten aus Ungarn – arbeiteten seit vielen Jahren als Referenten im Finanzbereich des Konzerns. Beiden betroffenen Teams bot das Unternehmen nach dem schrecklichen Geschehen von Plittersdorf Gespräche mit der Notfallseelsorge an. „Das ist von den Kollegen sehr positiv aufgenommen worden“, berichtet Telekomsprecher Stephan Althoff. „Die Gespräche wurden sehr einfühlsam geführt.“

Auf Wunsch der Mitarbeiter organisierten Telekom und Notfallseelsorge in der vorigen Woche eine ökumenische Trauerfeier in der Pauluskirche in Friesdorf, zu der mehr als 100 Besucher kamen. Althoff: „Die Kollegen wollten gemeinsam trauern und Abschied nehmen.“

Nach rund 20 Gesprächen im Zusammenhang mit dem Familiendrama zieht Pater Langer für die Notfallseelsorge eine positive Bilanz. Es sei ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit in der Region. In dem Seelsorgenetzwerk, das von der evangelischen und der katholischen Kirche getragen wird, sind 25 Aktive aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zusammengeschlossen. Die meisten leisten ihren Beistand ehrenamtlich. Die Notfallseelsorger sind zudem mit drei muslimischen Frauen vernetzt. Sie können eingesetzt werden, wenn die Betroffenen zum Beispiel Arabisch oder Türkisch sprechen.

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