Bundesweiter ökumenischer Predigtpreis Unter den 335 Kandidaten sind fünf Bad Godesberger

BAD GODESBERG · Wie soll ein Kind an einen liebenden und gütigen Gott glauben, wenn es gerade seinen in Kriegsgefangenschaft gestorbenen Vater betrauern muss? Ist Gott barmherzig, wenn er ganze Städte im Bombenhagel versinken lässt? Manfred Schmidt, vormals Diakon im katholischen Burgviertel, hat sich dieser hochaktuellen Frage auf der Kanzel von St. Servatius gestellt.

 Pfarrer Oliver Ploch, evangelische Christuskirche

Pfarrer Oliver Ploch, evangelische Christuskirche

Foto: Ronald Friese (Archiv)

Wie soll ein Kind an einen liebenden und gütigen Gott glauben, wenn es gerade seinen in Kriegsgefangenschaft gestorbenen Vater betrauern muss? Ist Gott barmherzig, wenn er ganze Städte im Bombenhagel versinken lässt? Manfred Schmidt, vormals Diakon im katholischen Burgviertel, hat sich dieser hochaktuellen Frage auf der Kanzel von St. Servatius gestellt. Als Kind des Zweiten Weltkriegs zermartert ihn der Konflikt bis heute.

Er habe das Weinen nicht verlernt. „Ich finde, dass meine Ausführungen zu Gott glaubwürdig sind“, meint Schmidt, ein nachdenklicher Mann, der sich in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Bonn (ACK) engagiert. Er hat seine Gottsuche jetzt beim Projekt Predigtpreis eingeschickt – und befindet sich bei diesem in Bad Godesberg ausgeschriebenen bundesweiten Wettbewerb im Feld von 335 Teilnehmern. Stattliche fünf stammen selbst aus Godesberger. Schmidts ACK-Vorsitzender, der evangelische Pfarrer im Ruhestand Ernst Jochum, ist mit dabei. Er hat in der Namen-Jesu-Kirche über das Tabuthema Menschen, die ohne Trauerfeier beerdigt werden müssen, Sätze wie den eines Sterbenden gesagt: „Nur der liebe Gott darf mich wecken.“

Religionsschüler des Nicolaus-Cusanus-Gymnasiums verliehen ihm, wie berichtet, in einer inoffiziellen Vorrunde schon einen ersten Platz. „Ich will nicht glänzen. Die Auszeichnung hat mich überrascht und beschämt“, sagt Jochum bescheiden. Wenn eine Predigt gelinge, habe das wesentlich mit Gottes Geist zu tun, „der uns die passenden Ideen und Worte finden lässt.“ Jochum will trösten, ermutigen, zuversichtlich machen. Am Wettbewerb nimmt er teil, weil der mit seiner Datenbank eine Art Ideenbörse bilde.

Jochums Nachfolger an der evangelischen Christuskirche, Pfarrer Oliver Ploch, geht ebenfalls mit Vorschusslorbeeren ins Rennen. 2013 wurde Ploch für eine der zehn besten eingereichten Predigten schon mit der silbernen Taube ausgezeichnet. 2014 hat Ploch seine Kanzelrede vom Sonntag des Fußball-WM-Finales eingereicht. „Ich wähle Themen, die die Menschen bewegen. Eine gute Predigt überrascht und unterhält, sie führt in die Besinnung und zu Gott, auf keinen Fall darf sie langweilen, abgehoben oder banal sein“, meint er. Die entscheidende Bewährungsprobe laufe aber sonntags auf der Kanzel, wenn an die 300 Menschen für diese Form der Glaubensvermittlung kämen. „Es lohnt sich also alle Mühe.“

Sein evangelischer Pauluskirchen-Kollege Pfarrer Siegfried Eckert sieht seine Chancen auch eher olympisch: „ Dabei sein ist alles. Ich rechne mir nichts aus, weil Predigt nichts für Rechenschieber ist.“ Er mache mit, weil hier die Predigt als öffentliche, gehaltvolle, inhaltsreiche Rede gewürdigt werde. Eingereicht hat Eckert seine letztjährige Heilig-Abend-Ansprache über Burn-out. Kirche müsse „mehr Sand im Getriebe, mehr Salz auf Erden sein“, forderte er da offensiv. Die Menschen hätten danach spontan geklatscht, erinnert sich der Pfarrer, der derzeit mit seinem Buch „2017. Reformation statt Reförmchen“ Furore macht (der GA berichtete).

Im Fall seines Kollegen Jan Gruzlak von der Johannes-Kirchengemeinde hat ein Gemeindemitglied die Predigt eingereicht. „Die scheinbar profane Popkultur verwandelt sich hier zum Entdeckungsort tiefer Religiosität. Das macht Christen entspannter und Nicht-Christen hellhörig“, meint Pfarrer Gruzlak selbst dazu. Jesus zeichnet er mal nicht als langhaarigen „ Ich-hab-euch-alle-lieb-auch-wenn-es-euch-gar-nicht-interessiert-Onkel“ , sondern als einen, „an dem man sich reiben kann, der einen aufregt und vor den Kopf haut.“ Eine gute Predigt sei für ihn eine, die von Klang und Inhalt her neu und fremd sei. „Die die Stirn runzeln lässt, bevor sie die Mundwinkel hebt. Bei der man spürt, der Prediger riskiert etwas.“ Und wie stehen seine Chancen im Heer der 335 Einsendungen aus dem ganzen Bundesgebiet? „Könnte klappen, muss aber nicht“, meint Gruzlak lapidar.

Der Predigtpreis

Mit dem 2000 erstmals vergebenen und bundesweit einzigen Preis dieser Art will der Bad Godesberger Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG die Redekunst in den Kirchen fördern. Die Preisträger dieser nicht dotierten Auszeichnung erhalten eine Bronzeskulptur. Ausgezeichnet wurden bislang unter anderem der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch, die Bonner Schwester Isa Vermehren RSCJ, der Theologe Jörg Zink und die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann. Den Juryvorsitz hat der Godesberger Pastor und Journalist Wolfgang Thielmann. Das Internetportal des Preises bietet eine Datenbank sämtlicher eingereichter Predigten unter www.predigtpreis.de/predigtdatenbank.html.

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