Nach Hinweisen auf salafistische Propaganda Stadthalle sagt Syrien-Veranstaltung ab

BAD GODESBERG · Die für Ostersonntag angekündigte Veranstaltung in der Stadthalle, die Recherchen des General-Anzeigers zufolge als islamistisches Propagandatreffen genutzt werden sollte, soll nicht stattfinden. Wie der GA am Montag aus informierten Kreisen erfuhr, hat sich der Pächter der Halle nach Gesprächen mit den Behörden entschlossen, den Vertrag zu kündigen.

Die Bad Godesberger Stadthalle gestern Nachmittag: Hier sollte eigentlich am Ostersonntag eine "Benefizveranstaltung für Syrien" stattfinden. Nach Hinweisen auf Teilnehmer aus der radikalistamischen Salafistenszene sagt der Pächter die Veranstaltung ab.

Die Bad Godesberger Stadthalle gestern Nachmittag: Hier sollte eigentlich am Ostersonntag eine "Benefizveranstaltung für Syrien" stattfinden. Nach Hinweisen auf Teilnehmer aus der radikalistamischen Salafistenszene sagt der Pächter die Veranstaltung ab.

Foto: Ronald Friese

Wie am Samstag berichtet, war für den 31. März eine angebliche Benefizveranstaltung für Notleidende in Syrien angemeldet worden. Stadthallen-Pächter Thomas Weiermann hatte sich eigenen Angaben zufolge zuvor beim Staatsschutz rückversichert, der zumindest ihm gegenüber die Veranstaltung als unbedenklich deklariert habe. Andernorts indes verdichteten sich die Hinweise darauf, dass namhafte Köpfe der radikalen Salafistenszene die städtische Halle als Bühne für ihre fundamentalistische Botschaft nutzen wollten.

Diese Information hat seit dem Wochenende für einen Sturm der Entrüstung gesorgt, dem sich die Stadthallen-Betreiber nun gegenüber sahen. Zahlreiche Bürger äußerten per Telefon und E-Mail ihr Befremden. Gestern soll dann nach Gesprächen mit der Stadtverwaltung und der Polizei die Entscheidung gefallen sein, dem Veranstalter zu kündigen. Im Vorfeld hatte Thomas Weiermann gegenüber dem GA erklärt, sich inhaltlicher Bewertungen der in seinen Räumen stattfindenden Veranstaltungen prinzipiell zu enthalten. Bei der im Bonner Stadtrat vertretenen Partei Pro NRW hatte Weiermann dieses Prinzip offenbar gebrochen, als er ihr im Jahr 2010 die Nutzung der Stadthalle verweigerte.

Prompt reagierte Pro NRW auf die Nachricht von der geplanten Syrien-Veranstaltung: Mit einem Boykottaufruf drohte Pro-NRW-Ratsmitglied Nico Ernst dem Pächter für den Fall der Durchführung ebenso, wie er eine Gegendemonstration vor der Stadthalle in Aussicht stellte: "Wer mit Sympathisanten und Finanziers von Mördern Verträge macht, der muss mit öffentlichem Gegendruck rechnen...", schrieb Ernst an Weiermann.

Dessen Absage an die Rechtspopulisten vor drei Jahren war GA-Informationen zufolge in enger Abstimmung mit dem städtischen Liegenschaftsamt erfolgt, das sich angesichts der Nachrichtenlage auch in den aktuellen Fall intensiv eingeschaltet haben soll. Von der Polizei gab es gestern keine Stellungnahme. Zuletzt hatte sie mitgeteilt, man habe die Veranstaltung im Blick.

Die vermeintliche Benefizaktion für Syrien wäre nicht die erste ihrer Art gewesen. In Dortmund ging Mitte Dezember ein solches Treffen über die Bühne; in Berlin scheiterte es im Januar an der Absage durch den Betreiber des Veranstaltungsortes. In Dortmund standen bekannte Hassprediger auf der Bühne, in Berlin waren sie in einschlägigen Internetforen angekündigt worden, ebenso wie nun in Bad Godesberg.

In einem Videofilm, der im Internet kursiert, wirbt der Veranstalter mit drastischen Bildern aus dem syrischen Bürgerkrieg für seine Aktion. Der Urheber des Films ist im Internet auch mit anderen Sequenzen präsent, in denen er namhafte Protagonisten aus dem Milieu der fundamentalistischen Salafisten in Szene setzt.

Nach Informationen des General-Anzeigers soll es sich bei dem Macher des Videos um den Kölner Salafisten Sabri Ben A. handeln, der als enger Vertrauter von Ibrahim Abou Nagie gilt. Abou Nagie ist einer der Köpfe der Gruppe "Die wahre Religion" und hauptverantwortlich für die kostenlosen Koranverteilungen in mehreren deutschen Städten, darunter auch in Bonn und Bad Godesberg. Bei der "Benefizaktion" in Dortmund soll Abou Nagie Zeitungsberichten zufolge wörtlich gesagt haben: "Alle unsere Geschwister in Syrien sind Gotteskrieger. Und derjenige, der hier spendet, rüstet einen Gotteskrieger auf!"

Sabri Ben A. selbst erlangte im vergangenen Jahr traurige Berühmtheit mit der "Operation Schweinebacke". In einem im Internet veröffentlichten Video beleidigte und drohte er Journalisten, die kritisch über Aktionen der radikalen Salafisten berichteten. Ein Mitarbeiter der Frankfurter Rundschau stand besonders im Visier: "Wir besitzen eine Menge an Daten von Dir, zum Beispiel wissen wir, wo Du wohnst", heißt es in dem Video. Und weiter: "Wir besitzen Deine Mobilfunknummer."

Wenn der Journalist weiterhin seine "Salafistenmärchen" erzähle, werde man diese Daten offen legen. Eine Drohung sei das nicht gewesen, hatte A. später in einem Fernsehinterview gesagt. Es sei lediglich eine "Warnung" gewesen, niemand sollte bedroht werden, das habe man in dem Video deutlich gemacht. Dass sich muslimische Fundamentalisten derzeit verstärkt des Themas Syrien bedienen, hat Experten zufolge einen Grund: Wie in anderen Staaten witterten Islamisten im Bürgerkrieg die Chance, die Macht an sich zu reißen. Der Kampf gegen Präsident Assad werde somit zum Dschihad, zum "Heiligen Krieg", verklärt.

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