Burgfriedhof in Bad Godesberg Plötzlich ist der Grabstein weg

BAD GODESBERG · Seit 1905 hatte die Familie Hermann ein Familiengrab auf dem Burgfriedhof. Ende Juli stand sie vor einer leer geräumten Grabstätte. Der Stein war weg, die Erde hatte tiefe Furchen. Die Familie ist entsetzt. Die Stadt beruft sich auf mangelnde Standsicherheit.

 Nur ein Foto erinnert an den 110 Jahre alten Stein des Familiengrabs auf dem Burgfriedhof.

Nur ein Foto erinnert an den 110 Jahre alten Stein des Familiengrabs auf dem Burgfriedhof.

Foto: Ronald Friese

150 Mark hat Gärtner Johann Dorenkamp am 23. Oktober 1905 an die Gemeindekasse für die Privatgrabstätte auf dem "Kirchhofe zu Godesberg" bezahlt. Die historische Erwerbungs-Urkunde samt dazugehöriger Quittung ist das Einzige, was Irmgard Herrmann vom Familiengrab auf dem Burgfriedhof geblieben ist. Ende Juli stand sie vor einer leer geräumten Grabstätte. Der Stein war weg, die Erde hatte tiefe Furchen.

Irmgard Herrmann traute ihren Augen nicht: "Die können das Grab doch nicht einfach bei Nacht und Nebel abräumen. Es war noch bezahlt." Die Godesbergerin ist immer noch fassungslos und hat bisher von der Stadt Bonn keine zufriedenstellende Antwort bekommen, wie das passieren konnte. Das Nutzungsrecht für das Familiengrab läuft erst am 22. Oktober 2015 aus.

Auf Anfrage des GA teilte Markus Schmitz vom Presseamt mit, dass das Nutzungsrecht in diesem Fall keine Rolle spielte. "Wir haben nicht das Grab abgeräumt, sondern nur den Grabstein, weil er nicht mehr standsicher war", so Schmitz. Mitarbeiter prüfen das regelmäßig mit einem Drucktest.

Die Frage, wie sicher der Grabstein ist, beschäftigt Stadt und Nutzerin schon seit längerem. Irmgard Herrmann hat zuletzt 2014 ein Schreiben bekommen, wonach das Gedenkzeichen nicht standsicher sei und sie den Mangel innerhalb von vier Wochen beseitigen solle. Sie selbst hat starke Männer am Stein rütteln lassen und hielt ihn nicht für lose.

Gefahr, dass der Stein umkippt

Mündlich einigte sie sich nach eigenen Angaben mit einem Mitarbeiter des Amts für Stadtgrün, den Stein so stehen zu lassen, zumal sie nicht vorhatte, die Grabnutzung zu verlängern. Damit, dass der Stein ohne Vorwarnung abgeräumt werden könnte, hat sie nicht gerechnet.

"Der Zustand hatte sich im Juli noch einmal wesentlich verschlechtert. Es bestand die Gefahr, dass der Stein umkippt. Er wurde abgebaut, weil es keine Möglichkeit gab, ihn abzusichern. Er musste umgelegt werden und wurde dabei beschädigt", berichtete Schmitz.

[kein Linktext vorhanden]1985 hatte Herrmann das Familiengrab zum Preis von 4700 D-Mark um 30 Jahre verlängert. "Nur ein Jahr später starb mein Mann." Für sie und vor allem für ihre vier Kinder hat der historische Grabstein eine besondere Bedeutung, denn er trug neben verschiedenen Dorenkamps auch Namen und Lebensdaten von Ludolf Herrmann. Am 17. September wollte die Familie sich noch einmal am Grab treffen.

"Wir wollten alle zusammen Abschied nehmen"

"Mein Mann hat nächsten Monat Geburtstag. Wir wollten alle zusammen Abschied nehmen", sagte Herrmann. Ihre Kinder hatten vor, den historischen Grabstein mit den zwei Kreuzen, der die Namen der Verstorbenen wie ein schützendes Dach überspannte, zu behalten.

"Ich finde es dubios, dass ich nicht Bescheid bekommen habe. Wenn die Stadt gesagt hätte: Machen Sie was, oder wir nehmen den Stein runter, das hätte ich verstanden", sagt Herrmann. Eine gute Nachricht gab es gestern: Der beschädigte Grabstein ist nicht im Müllcontainer gelandet, wie die Familie nach ihren bisherigen Recherchen bei der Friedhofsverwaltung annahm.

Er wurde laut Presseamt auf dem Zentralfriedhof eingelagert, weil das Nutzungsrecht noch nicht abgelaufen war. Die Herrmanns wollen dort nachschauen, was noch zu retten ist.

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