Altersarmut von Frauen in Bad Godesberg Oft reicht die Rente nicht aus

Bad Godesberg · Die Erfahrung, wie sich Armut anfühlt, musste Rita Blum zum Glück noch nicht machen. Aber die Sozialberaterin der Offenen Tür Dürenstraße hat Armut schon oft gesehen. Und bei den Gesprächen sitzen ihr meist Frauen gegenüber.

 Die Zonta-Mitglieder (v.l.) Anne Wasserberg und Claudia Seiffert sprechen mit Edith Koischwitz und Rita Blum über die offene Tür.

Die Zonta-Mitglieder (v.l.) Anne Wasserberg und Claudia Seiffert sprechen mit Edith Koischwitz und Rita Blum über die offene Tür.

Foto: Ronald Friese

„Oft dreht es sich um Existenzängste nach dem Tod des Mannes, wenn die Rente kleiner wird“, sagt Blum beim Pressegespräch. Denn: Viele der Frauen über 60 Jahren kämen noch aus der Generation, die selbst nicht oder nur wenig arbeiten durfte.

In ihrem Bestreben, diesen Frauen in Notfällen unbürokratisch helfen zu können, erhalten Blum und Vereinsvorsitzende Edith Koischwitz nun Unterstützung vom Zonta Club Bonn. „Wir stellen 5000 Euro für dieses Jahr zur Verfügung“, sagt Club-Präsidentin Claudia Seiffert. Die Ausschüttung ist auf 300 Euro pro Person begrenzt. Warum dieses Geld eine Lücke schließt, erklärt Koischwitz: „Wir arbeiten in der Offenen Tür mit vielen Stiftungen zusammen, die aber oftmals ein festgezurrtes Gerüst haben.“ Spontane Hilfen seien da meist ausgeschlossen.

Diese Hilfe darf auch ruhig mal der bezahlte Gang zum Friseur sein. „Das ist für uns nicht unbedingt Luxus, sondern hat was mit der Würde des Menschen zu tun“, sagt Zonta-Präsidentin Seiffert. Das Selbstwertgefühl leide bei Armut sehr, betont Koischwitz: „Viele ziehen sich zurück.“ Für manche wird gerade dann das Haustier zum besten Freund, und auch da fehle es eben manchmal an Geld für Futter oder Tierarztbesuche. Oder für den Behördengang fehlt es an einem ordentlichen Oberteil.

Schon vor drei Jahren haben die Zonta-Frauen das Haus der Bonner Altenhilfe mit 8000 Euro bedacht. Warum jetzt die Kooperation mit Bad Godesberg? „Weil es eine der wenigen Begegnungsstätten ist, die von einem Verein betrieben wird“, sagt Club-Mitglied Anne Wasserberg. Rund 80 Mitglieder engagieren sich derzeit in der Offenen Tür Dürenstraße, so die Vereinsvorsitzende.

Um das Problem Altersarmut bei Frauen zu verdeutlichen, präsentiert Blum Zahlen des Bundesfamilienministeriums. „Ende 2014 lag die Durchschnittsrente für Männer im Westen bei 1020 Euro, für Frauen bei 566 Euro“, sagt die Sozialberaterin des Vereins.

So sei es auch nicht verwunderlich, dass 3,3 Prozent der Frauen Grundsicherung bezogen hätten und 2,7 Prozent der Männer. „Zudem waren 2003 258.000 Menschen in der Grundsicherung, Ende 2014 aber schon 512.000 Menschen“, zählt Blum auf. Der demografische Wandel werde diese Zahlen weiter nach oben treiben, befürchtet Wasserberg vom Zonta-Club.

Die Offene-Tür-Chefin erklärte, was aus ihrer Sicht Grundsicherung und Mini-Rente bedeuten: „Davon kann man leben, sich aber nichts mehr leisten.“ Sie fordert wie auch der Zonta Club ein Umdenken. „Es fehlt die politische Perspektive, wie man mit diesem Thema umgeht und vor allem, wie man präventiv dagegen vorgeht“, so Koischwitz.

Dazu zähle auch, meinte Wasserberg, dass Frauen die Ehe nicht mehr als Altersvorsorge sehen dürften. Die Zonta-Damen ließen durchblicken, die Bad Godesberger auch 2017 finanziell unterstützen zu wollen.

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