Interview mit Jäger Reinhard Wolf "Neues Jagdgesetz ist katastrophal"

Bonn · Seit 1981 ist der Bonner Reinhard Wolf (66) Jäger. Als erster Vorsitzender der Jägerschaft Bonn vertritt er die rund 1200 Bonner Jäger im Landesjagdverband. Mit ihm sprach Stefan Knopp über nächtliche Jogger, streunende Katzen und das geplante ökologische Jagdgesetz.

Wo liegt der Hauptunterschied zwischen urbanen Jagdgebieten und denen etwa in der Eifel?
Reinhard Wolf: Die Belastung durch Freizeitsuchende ist deutlich größer als in der Eifel. Das liegt am öffentlichen Waldbetretungsrecht. Da gibt's keine Zeiten, und wer in den Wald will, darf in den Wald. Der Venusberg zum Beispiel ist ein Jagdrevier, in dem Hege stattfinden und gejagt werden soll. Das Revier ist deshalb Tag und Nacht belastet. Da sind Jogger oder Mountainbiker mit Stirnlampen. Die Wildtiere kommen nicht zur Ruhe.

Wie ist denn der Wildbestand im städtischen Bereich?
Wolf: Natürlich rückläufig. Was kann, verzieht sich in die Randgebiete. Es ist einfach der Besucherdruck. Wir haben aber allgemeinen Artenrückgang, etwa bei Rebhuhn, Fasan, Hase. Das hängt allerdings auch mit der im Augenblick praktizierten Landwirtschaft zusammen. Monokulturen ohne Wildwuchs, ohne Kräuterwuchsränder sind kein geeignetes Gebiet für Wildtiere. Das ist eigentlich eine Sache für die Politik.

Kommen wir zum ökologischen Jagdgesetz: Was sagen Sie dazu?
Wolf: Ich finde, der Referentenentwurf zum neuen Jagdgesetz ist eine Katastrophe, weil hier ideologischer Lobbyismus allererster Güte eingeflossen ist. Unkenntnis und Ideologie sind meiner Meinung nach die bestimmenden Faktoren, die dieses neue ökologische Jagdgesetz bestimmen.

Nennen Sie bitte ein Beispiel.
Wolf: Das fängt an mit dem Eingriff in den Katalog der jagdbaren Arten. Alles, was nicht direkt verwertbar ist, soll aus dem Jagdgesetz gestrichen werden. Zum Beispiel die Greifvögel, die ganzjährig geschont sind - das heißt, sie werden sowieso nicht bejagt. Sie sollen aus dem Jagdrecht rauskommen in das viel leichtere Naturschutzgesetz. Damit entfällt jede Hegepflicht. Beispiel: Ein Jäger findet einen verletzten Greifvogel, dann hat er derzeit die Hegepflicht, ihn aufzunehmen und einem Falkner zuzuführen. Nach dem neuen ökologischen Gesetz hieße es: Für den Greifvogel besteht keine Hegepflicht mehr, der Jäger muss ihn leiden lassen, er darf ihn nicht mehr aufnehmen, sondern muss jemanden vom Naturschutz besorgen. Bei dem vom Auto angefahrenen Tier, das nicht dem Jagdrecht unterliegt, darf der Jäger auch nichts mehr machen. Meiner Meinung nach ist der Entwurf des neuen ökologischen Jagdgesetzes der Versuch, die Jagd ganz zu unterdrücken.

Wie werden Sie darauf reagieren?
Wolf: Wir werden der Politik zeigen, dass wir damit nicht einverstanden sind. Wir haben Verbündete: Der gesamte ländliche Raum ist von diesem Jagdgesetz betroffen. Wenn die Jäger eingeschränkt werden in der Jagd, wenn die Jagdsteuer wieder eingeführt werden soll, dann sind die Jagden nicht mehr verpachtbar, dann fließt kein Geld mehr, dann geht's auch dem ländlichen Raum schlecht. Das ist meiner Meinung nach in diesem Gesetz überhaupt nicht berücksichtigt. Wir hoffen, dass wir mit großem Protest und mit Zusammenschluss der Interessenvertretungen des ländlichen Raumes hier noch Einfluss auf die Gesetzgeber nehmen können.

Es wurde auch viel über das Tötungsrecht für streunende Katzen gesprochen.
Wolf: Das Thema ist wahnsinnig hochgespielt worden - zu Unrecht. Es gibt den Fall, dass in manchen Revieren eine wirklich verwilderte Katze auftaucht. Die hat kein Heim mehr, bekommt keine Nahrung mehr und ist nicht zuordnenbar. Die vermisst auch keiner, aber sie richtet tatsächlich Schaden an, um sich zu ernähren, und zwar hauptsächlich bei den Singvogelarten. Und wenn das nicht mehr vertretbar ist, dann ist es ein im Sinne des Naturschutzes gegebenes Tötungsrecht. Wir würden uns für Katzen wünschen, dass die gechipt sind, damit man sie zuordnen kann. Aber ich betone: Kein Jäger hat Interesse, Katzen zu schießen. Ich habe in meinem Leben noch keinen Hund und keine Katze erschossen.

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