Asylbewerber in Bonn Mitte Oktober sollen die ersten Flüchtlinge kommen

BAD GODESBERG · Was Überfüllung bedeutet, konnten die rund 300 Besucher der Bürgerinformation in Muffendorf am Mittwochabend am eigenen Leib erfahren. Etwa die Hälfte von ihnen musste stehen, einige sogar auf dem Flur, und zwischendurch ging immer wieder das Licht aus, weil jemand im Gedränge an den Schalter stieß.

Trotz widriger Umstände schlug den Veranstaltern größtenteils Wohlwollen entgegen. Im ehemaligen Landesvermessungsamt an der Muffendorfer Straße sollen bald 200 Flüchtlinge untergebracht werden. Es wird die erste Notunterkunft des Landes im Regierungsbezirk Köln sein.

Die wichtigste Nachricht des Abends war, dass die Bezirksregierung Arnsberg zurzeit das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als Betreiber für das Flüchtlingsheim favorisiert, erste Gespräche laufen. Außerdem ist die Notunterkunft ausdrücklich als Provisorium gedacht, das bis maximal März 2015 dauern soll. "Die Gebäude sind in gutem Zustand und es gibt viel Grün drumherum, aber es ist sicher kein Traumobjekt", räumte Wilhelm Steitz, stellvertretender Regierungspräsident und Hausherr in der Godesberger Außenstelle der Bezirksregierung, ein. "Es bleibt eine Notunterkunft und wir werden uns alle wünschen, dass wir es schöner machen könnten", sagte er.

Wie groß die Not zurzeit ist, das verdeutlichte Thomas Sommer, Hauptdezernent der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg, anhand von Zahlen. 45 Millionen Menschen seien zurzeit weltweit auf der Flucht, aktuell sei wieder ein sprunghafter Anstieg der Asylsuchenden zu verzeichnen.

Die 400 bis 600 Plätze, die das Land laut Sommer normalerweise als Puffer vorhalte, seien belegt. Außerdem wurden im August fünf Einrichtungen nach Fällen von Mumps, Masern und Windpocken geschlossen. "Das sind 2500 Plätze. Daraus kann man die Not erkennen, warum wir reagieren und auch ein Stück improvisieren müssen", sagte Sommer. Er wisse gerade noch, wie er über das bevorstehende lange Wochenende komme. "Dann muss ich gucken, wo ich die Leute unterbringen kann."

In Muffendorf sollen die Menschen nicht langfristig wohnen, sondern nur in den Tagen der Erstaufnahme. Danach werden sie von der Landeseinrichtung in die Asylbewerberunterkünfte der Kommunen verteilt. Bernhard von Grünberg, Bonner SPD-Landtagsabgeordneter, appellierte an die Verantwortlichen, den Durchlauf der Flüchtlinge nicht mit zu viel Druck voranzutreiben. "Das sind Menschen, die direkt aus der Flucht kommen und ein bisschen Ruhe brauchen", sagte er und bekam, wie auch andere Redner nach ihm, unterstützenden Applaus.

Ein Anwohner sagte: "An der Richtigkeit ihres Tuns gibt es keinen Zweifel." Es müsse aber darauf geachtet werden, dass Unterbringung und Betreuung so gut sind, dass keine Konflikte entstehen. "Die Standards müssen eingehalten werden, das würde uns sehr viel Angst nehmen", sagte der Mann.

Sommer kündigte an, dass ein Mitarbeiter der Bezirksregierung ständig in der Einrichtung präsent sein und kontrollieren werde. Die Befürchtung, dass vor dem Gebäude eine Batterie von Dixie-Klos aufgestellt wird, konnten die Verantwortlichen sofort zerstreuen. Toiletten und Duschen sollen als "fliegende Bauten" in Form von Containern aufgestellt werden.

Bedenken gab es bei den Bürgern auch, dass die Notunterkunft doch noch zur Dauereinrichtung werden könnte. Dafür fehlt nach Aussage von Hausherr Steitz aber die Rechtsgrundlage. "Das geht so nur ein paar Monate. Danach wäre ein ordentliches, bauordnungsrechtliches Verfahren notwendig. Das Gebäude ist dafür auch nicht geeignet", erklärte er. Sommer bedankte sich nach rund 75 Minuten für die "sehr angenehme" Veranstaltung: "Das ist ein Stück Willkommenskultur, wie ich es nicht überall erlebt habe." Bei einer zweiten Infoversammlung mit dem künftigen Betreiber sollen die Bürger Gelegenheit bekommen, konkrete Fragen zu stellen.

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