Podiumsdiskussion bei der Arbeitsgemeinschaft für Bildung und Kultur Medizintourismus sorgt für Ärger

BAD GODESBERG · Im April beginnt die Medizintourismus-Saison. "Wie kann friedliches Zusammenleben gelingen?", fragte aus diesem Anlass die Arbeitsgemeinschaft für Bildung und Kultur (ABK) bei der Ankündigung ihrer Podiumsdiskussion.

Gar nicht, war der Eindruck gestern Abend zu Beginn einer Veranstaltung, die von großem Druck aus dem Publikum geprägt war. Rund 100 Zuhörer waren gekommen, die meisten von ihnen Senioren und etliche selbst von der Vermietung von Nachbarwohnungen an arabische Medizintouristen betroffen. Die Stimmung schwankte zwischen angespannt und aggressiv.

Der Abend drehte sich dabei hauptsächlich um das Thema Wohnen, denn hier gibt es die größten Probleme mit undurchsichtigen Maklern und illegalen Untervermietungen. Betroffene berichteten von Lärm, Müll, durchnässten Wänden und Verbandsmaterial, das einfach aus dem Fenster geworfen werde.

Interessant wäre gewesen, einen Vertreter eines Maklerbüros oder einer der 22 Kliniken auf dem Podium zu haben, die direkten Einblick in die Mechanismen haben, weil sie damit ihr Geld verdienen. So entlud sich der Zorn über die Zustände und die vermeintlich untätige Stadt Bonn auf Diskussionsgäste, die eher in der zweiten Reihe stehen. Ausländeramtsleiter Michael Wald zum Beispiel bekommt zu den Gästen aus dem Ausland erst Kontakt, wenn sie länger als drei Monate bleiben. Dass er daraus nicht die Zahl der Patienten insgesamt ableiten kann, liegt auf der Hand.

"Wir haben ein Interesse, die Medizintouristen aus den Wohnungen in Ihrer Nachbarschaft herauszuholen", sagte Wald. Dazu habe es bereits Gespräche mit Klinikleitern und Botschaftsvertretern gegeben. Die Patienten und ihre Familien müssten schon vor der Anreise informiert werden.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Renate Hendricks weiß, dass andere Kommunen andere Wege gehen. Für die Unterbringung schlägt sie "Boardinghäuser" vor, die auf die Gewohnheiten der arabischen Gäste eingestellt sind und zusätzlich Freizeitangebote machen. Dass die Touristen in arabischen Restaurants essen und arabische Chauffeure bevorzugen, sei allerdings durchaus mit deutschen Reisegewohnheiten zu vergleichen. "Es gibt Sicherheit, wenn ich unter meinen Landsleuten bin", so Hendricks.

Die ehrenamtliche Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke wurde dafür gescholten, dass sie zu wenig Personal für die Kontrolle der Zweckentfremdungssatzung einsetze, wofür aber Oberbürgermeister und Stadtdirektor zuständig sind. Auch ihr Werben für den Gesundheitstourismus als Wirtschaftsfaktor kam beim Publikum nicht gut an.

Juppi Schaefer, Bezirksverordneter für "Die Godesberger", zeichnete am Beispiel der Ur-Godesbergerin "Frau Müller" nach, wie eine Hausgemeinschaft und mit ihr der Traum vom ruhigen Alter zerbricht. Eine Zuhörerin hat Ähnliches erlebt. "Es hieß erst, in die Wohnung zieht ein jemenitischer Arzt ein, aber es war einer dieser Makler. Wir sind alle so stocksauer über dieses Geschäftsgebaren." Des Gefühl der Machtlosigkeit konnte auch der Austausch gestern Abend nicht nehmen. Es gab nur wenig versöhnliche Stimmen, wie die eines arabischen Zuhörers, der als pensionierter Lehrer Übersetzung und Vermittlung bei Konflikten anbot.

Ansprechpartner bei der Stadt Bonn sind per E-Mail an zweckentfremdung@bonn.de zu erreichen.

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