Erfolgreich durchgestartet Jungunternehmer aus der Region im Porträt

GODESBERG/WACHTBERG · Vier Jungunternehmer aus Bad Godesberg und Wachtberg haben sich selbstständig gemacht. Mit uns haben sie über ihre Erfahrungen gesprochen. Keiner bereut den Schritt in die Selbstständigkeit.

 Reifenfachverkäuferin Linda Walter hat sich in einer Männerdomäne durchgesetzt.

Reifenfachverkäuferin Linda Walter hat sich in einer Männerdomäne durchgesetzt.

Foto: Martina Sondermann

Man muss nicht unbedingt in „Die Höhle der Löwen“, um mit seinem Unternehmen erfolgreich zu sein. Mit viel Enthusiasmus und Unterstützung von Familie und Freunden, Arbeitsamt und Innung, Werbung und Mundpropaganda haben junge Firmengründer in Wachtberg und Bad Godesberg es geschafft, sich in ihrer Branche zu etablieren. Vier Erfahrungsberichte:

Auf die innere Stimme gehört

Maximilian A. Pavlidis entschied sich schon früh für die Selbstständigkeit. „Ich wollte nicht mehr für jemand anderes arbeiten, sondern nur für mich“, erklärt der 27-jährige Hörakustikmeister. „Vor allem, um mein eigenes Geschick besser einfließen lassen zu können.“ Der Wunsch danach, seine Produktauswahl losgelöst von Marken und Vorgaben treffen zu können, war ein weiterer Grund. Als sich Anfang 2018 die Möglichkeit ergab, die frei stehenden Räumlichkeiten neben der HNO-Praxis seiner Mutter im Berkumer Jesuitenhof zu übernehmen, überlegte er nicht lange. An gleicher Stelle hatte er zuvor als Filialleiter gearbeitet und renovierte nach Schließung des Geschäfts die Räume für sein „Brilliantes Hören“ nach eigenen Vorstellungen. „Ich wollte ein schickes und hochwertiges Ambiente“, sagt er.

Mit Hilfe des Gründungszuschusses der Agentur für Arbeit, Anzeigen in regionalen Printmedien und zufriedenen Altkunden, die Werbung für den Jungunternehmer machten, baute sich Pavlidis seinen eigenen Kundenstamm auf. „Meine Erwartungen wurden bei weitem übertroffen“, konstatiert er heute und ist bereits auf der Suche nach Mitarbeitern. „Das ist viel Arbeit für einen allein.“ Ein herber Rückschlag traf den jungen Gründer, als im September in seine Geschäftsräume eingebrochen wurde. „Das war ein ziemlicher Schock“, erinnert er sich.

Die von ihm anfangs als Hürde empfundene ländliche Lage entpuppte sich aber auch dank der guten Parkmöglichkeiten als Vorteil. „Fast die Hälfte meiner Kunden kommt aus Godesberg“, berichtet Pavlidis. Viele würden ihren Besuch mit einem anschließenden Spaziergang oder einem HNO-Termin verbinden. „Aber die Praxis meiner Mutter und mein Geschäft sind völlig unabhängig voneinander“, betont er.

Zum Glücksbringer geworden

Maximilian Dorfinger erkennt man sofort an seiner Berufskleidung: Wenn er unterwegs ist, trägt der Bezirksschornsteinfeger die typisch schwarze Montur mit Zylinder und den goldenen St.-Florian-Knöpfen. „Am Knopf zu drehen, soll Glück bringen“, erklärt er. Und dieses Glück hatte Dorfinger auch selbst bei der Zuordnung seines Kehrbezirks rund um Oberbachem. „Ich war hier schon seit 2009 bei einem Schornsteinfeger angestellt“, berichtet der 34-Jährige. Als sein damaliger Chef in Rente ging, bewarb er sich bei der Bezirksregierung Köln für dessen Kehrbezirk und erhielt Ende 2016 als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger für sieben Jahre den Zuschlag. Nach einem Existenzgründerseminar der Innung bekam der frischgebackene Bezirksschornsteinfeger bei Fragen zur speziellen Software oder anderen Problemen Hilfestellung von seinem alten Chef und Kollegen.

Neben Aufgaben wie der Feuerstättenschau führt der Jungunternehmer auch die seit 2013 für den freien Schornsteinfeger-Wettbewerb geöffneten Tätigkeiten durch, zu denen die Messungen an Feuerungsanlagen und das Kehren von Schornsteinen gehören. „Die meisten nehmen hierfür weiterhin mich als Bezirksschornsteinfeger“, berichtet Dorfinger, der auch den beim Hausverkauf geforderten Energieausweis ausstellt. Seine Berufswahl verdankt er der Beraterin im Arbeitsamt, die Schornsteinfeger als krisensicheren Job anpries. „Ich mag meinen Beruf“, resümiert er. „Man wird gebraucht, überall freundlich empfangen und hat oftmals schöne Erlebnisse.“

Sein eigenes Erfolgsrezept

Federico La Rocca (26) stammt aus einer Gastrofamilie: seinen Eltern gehörte das Café und Bistro „Scenario“ hinter dem Kinopolis. Der Restaurantfachmann schlug bereits mit 19 Jahren den Weg in die Selbstständigkeit ein und kehrte von Bielefeld zurück in seine Heimat im Rheinland. „Ich wollte raus aus dem Angestelltenverhältnis“, berichtet er, „und etwas für das viel kritisierte Bad Godesberg tun.“ In seinem Bistro sollte sich jeder treffen können, von Jung bis Alt und aus allen sozialen Schichten. Er fand ein leerstehendes Lokal am Rüngsdorfer Römerplatz, dessen Hauseigentümerin seine Vision unterstützte. „Ich bin ihr dankbar, dass sie damals mit einem 19-Jährigen einen Pachtvertrag geschlossen hat.“ Mit Unterstützung seiner Eltern sanierte der Junior-Chef sechs Monate lang sein „L’Unico“ (dt. „Der Einzigartige“).

„Die ersten Jahre waren wegen der Bürokratie sehr hart“, erzählt der 26-Jährige, „auch aufgrund der erschwerten Bedingungen, was die Außengastronomie angeht.“ Denn vor dem Bau des Rüngsdorfer Kreisels führte die Straße direkt am Bistro vorbei. Außerdem musste sich der Neuling das Vertrauen seiner Gäste erst erarbeiten. „Einige haben mein italienisches Lokal mit dem meiner Eltern verglichen und mir den Erfolg nicht zugetraut.“ Er hat die Skeptiker eines Besseren belehrt und es ohne jegliche Werbung unter die zehn besten Bonner Restaurants im Bewertungsportal „Tripadvisor“ geschafft. Auch dank der heutigen Stammgäste, die an den Junggastronom geglaubt und ihn unterstützt haben. „Wir haben einen starken Zusammenhalt“, betont La Rocca. „Das ist schon mehr wie ein Wohnzimmer hier – kein gehobenes Diner.“ Einziges „Luxusproblem“ heute: zu viele Reservierungen. „Das hat leider die Spontaneität rausgenommen“, räumt er ein.

Das Geschäft läuft rund

Linda Walter eröffnete im Oktober 2017 in Friesdorf eine Kfz-Werkstatt mit Reifenfachhandel. „Ich wollte mir etwas Eigenes aufbauen, worauf ich stolz bin“, erklärt die 37-Jährige. Neben dem Spaß an der Arbeit wollte die junge Unternehmerin auch Arbeitsplätze schaffen. Zu ihrem fünfköpfigen Mitarbeiterteam gehörten von Anfang an Vater Herbert Walter, der 43 Jahre Berufserfahrung im Reifenfachhandel mitbringt, Mutter Anni Walter, die alles für den Steuerberater vorbereitet, sowie ein Kfz-Meister und zwei Kfz-Mechatroniker. Unterstützung bekam Walter von Familie und Freunden, der Handwerkskammer Köln, der Agentur für Arbeit und ihren Mitarbeitern. „Im Endeffekt haben wir alle zusammengearbeitet und meine Firma gemeinsam ins Leben gerufen“, sagt sie.

Die derzeitigen Herausforderungen bestehen aus ihrer Sicht in der zunehmenden Komplexität neuer Autos und der damit verbundenen aufwendigeren Reparatur. „Unsere Maschinen müssen ebenso auf dem neuesten Stand sein wie meine Mitarbeiter.“ Außerdem gelte es, Neukunden zu gewinnen. „Deshalb investiere ich viel in Werbung“, berichtet die Geschäftsfrau und fügt lächelnd hinzu: „Denn wer nicht wirbt, der stirbt.“

Sie ist überzeugt, dass es als Frau und Inhaberin einer Kfz-Werkstatt samt Reifenfachhandel leichter sei, Kunden für sich zu gewinnen. „Sie fühlen sich nicht über den Tisch gezogen“, so ihre Erfahrung. Nicht ohne Stolz verweist die Existenzgründerin auf die positiven Kundenbewertungen im Netz und auch vor Ort. „Wir wachsen ständig.“

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