"Annaberger Straße: früher und heute" Josef Schwalb erzählt Anekdoten

FRIESDORF · Unter den Straßen und Gärten des Friesdorfer Stadtkerns liegen Frankengräber und ruhen Keltenleichen. Über ihnen schreitend, versprach Josef Schwalb den ihm folgenden Interessierten, ihnen einige der "Rosinen" Friesdorfs zu zeigen.

 Gebannt folgen die Teilnehmer des historischen Rundgangs den Ausführungen von Heimatforscher Josef Schwalb.

Gebannt folgen die Teilnehmer des historischen Rundgangs den Ausführungen von Heimatforscher Josef Schwalb.

Foto: Roland Friese

Sie hatten sich auf Einladung des Awo-Nachbarschaftszentrums zur Führung "Die Annaberger Straße: früher und heute" eingefunden. Anschaulich schilderte Schwalb, wie sich Friesdorf von einer bäuerlichen Ansiedlung zu einem respektablen Bonner Ortsteil mit etwa 8000 Einwohnern, in ihrer Mehrheit Berufspendler, mauserte.

Erstmalig urkundlich erwähnt im 9. Jahrhundert in der Verkaufsurkunde eines Weingartens, war Friesdorf die längste Zeit eine arme, verschuldete und von Sümpfen umgebene Gemeinde von kleinen Handwerkern und Bauern, die ihre Kirschen, Äpfel und Beeren in Karren oder auch auf dem Kopf nach Bonn zum Verkauf trugen.

Das Denkmal auf dem Klufterplatz, eine Ziege, oft auch als Kuh des kleinen Mannes bezeichnet, erinnert an diese Zeit, in der die Wege Friesdorfs ganz anders verliefen und der Annabergerbach, dreigeteilt, seine beträchtlichen Wassermengen hauptsächlich in Kiesgräben entleerte.

1904 wurde Friesdorf ein Ortsteil von Godesberg. Bald wurden die Sümpfe trockengelegt, die Elektrizität hielt Einzug und mit der wachsenden Zahl an Fabriken im Umkreis stellte sich ein bescheidener Wohlstand ein. Die Annaberger Straße veranschaulicht diese Entwicklung: ein Konglomerat von Gebäuden, deren unterschiedlichste Außenwände - Putz, Fließen, Klinker, manchmal auch eine mannigfache Mischung - die jeweiligen finanziellen Möglichkeiten ihrer Erbauer widerspiegeln. Pfingstbäume bringen hier und da etwas Farbe in die weitgehend schmucklose Fassadenfront.

Der erste Besuch führt jedoch zur Straße Am Südfriedhof, zu Wolfgang Dauer, der im 1955 von seinem Vater erbauten Haus sein Atelier eingerichtet hat und in Garten und Haus seine Werke ausstellt. Wasserwerke nennt er sie, weil die Strömungsformen des Wassers sein Thema sind und Wasser eine wesentliche Rolle im Entstehen der Bilder spielt. Seine Werke sind abstrakt, interessant und eindringlich in den Farben. Die Preise sind leicht zu ermitteln: Höhe mal Breite mal vier.

Durch Nebenstraßen, Feldwege und an Gemüsegärten vorbei gelangt man zur Villa Simons, ein kaum sichtbares klassizistisch anmutendes Gebäude umgeben von hohen Bäumen. Ludwig Köhler, ein Bankier aus Elberfeld, erwarb es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als er in die nahe gelegene Alaunfabrik einstieg. Er baute das Anwesen aus, nannte es "Ludwigslust". Fleißig, geschickt und sozialverantwortlich wirkte er drei Jahrzehnte lang entsprechend seinem Leitspruch: "Das Geld, sauer verdient und lustig verzehrt, dann wird man mit Freuden arm". Gereicht hat es aber immerhin für ein stattliches Mausoleum am Waldrand.

Seine Tochter Emilie heiratete einen Sprössling der Eberfelder Familie Simons, die auch heute noch im Besitz der Villa und des schräg gegenüber liegenden Turmhofs ist. Beide Gebäude bestechen durch ihren äußerst gepflegten Zustand.

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